DRG in der Kritik
Internistentag zu Klinikpauschalen: Arztkosten als erste Stellschraube
Wie bei Pflege, so auch bei der Medizin: Beim Internistentag in Berlin fordern Ärzte die Herausnahme der Personalkosten aus dem DRG-System. Ansonsten drohe massiver Stellenabbau.
Veröffentlicht:Berlin. Krankenhäuser gelten als „gefrorene Zonen“ in der deutschen Reformlandschaft. Dabei ist der Handlungsbedarf riesig. Internisten haben die Politik nun aufgerufen, den überfälligen Umbau der stationären Versorgung spätestens nach der Bundestagswahl anzugehen.
In einem ersten Schritt seien die Arztkosten aus dem Fallpauschalen-System (DRG) herauszulösen, sagte der zweite Vize-Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI), Dr. Kevin Schulte, bei einer Diskussionsrunde anlässlich des Jahreskongresses des Verbands am Freitag. Geschehe das nicht, drohten massive Personaleinsparungen im ärztlichen Dienst.
„Logische Konsequenz des Pflexit“
Schulte erinnerte daran, dass die Pflegepersonalkosten seit 2020 aus dem Fallpauschalen-System ausgegliedert seien. Dies habe zwar bewirkt, dass seither mehr Pflegekräfte von den Krankenhäusern vorgehalten würden. Die „logische Konsequenz des Pflexit“ sei aber, dass Klinikmanager beim ärztlichen Personal sparten. Einige proklamierten inzwischen offen die gezielte Verringerung von Arzt-Kapazitäten. „Da wird mir ganz anders“, zeigte sich Schulte alarmiert und rief eine künftige Bundesregierung auf, schnell gegenzusteuern.
In einem weiteren Schritt gehöre das DRG-System „grundsätzlich“ auf den Prüfstand gestellt, so Schulte. Fehlanreize wie medizinisch nicht angezeigte Mengenausweitungen seien abzustellen und regionale Vorhaltekosten zu finanzieren.
„Tiefgreifende Reform des DRG-Systems“ nötig?
Internistentag: Arztkosten raus aus den Fallpauschalen!
Schließlich sei die Krankenhausplanung am Bedarf auszurichten. Die Länder wiederum müssten endlich ihrer Pflicht zur Investitionskostenfinanzierung nachkommen. Ansonsten drohe das duale Finanzierungssystem zu scheitern. Schulte gestand ein, dass bei der Krankenhausreform ein „dickes Brett“ zu bohren sei.
„Überwiegen Nebenwirkungen, setzt man das Medikament ab“
In dieselbe Kerbe hieb die Vorsitzende der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund Dr. Susanne Johna. Ein „ideales“ Finanzierungssystem gebe es nicht. Aber mit Blick auf die 2003 eingeführten Fallpauschalen befinde man sich inzwischen nur noch „in den Nebenwirkungen“. Überwögen die Nebenwirkungen, das wisse jeder Arzt, gehöre das betreffende Medikament abgesetzt.
Derzeit gebe es mehr als 1300 DRG, hinzu kämen zig Zu- und Abschläge. „Das System, das so schön pauschal heißt, ist mittlerweile so kompliziert, dass wir enorme Arbeitszeit verschwenden, nur um es am Laufen zu halten.“ Wie Schulte mahnte auch Johna die rasche Loslösung der Arztkosten vom Fallpauschalen-System an.
Der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft Roland Engehausen gab zu bedenken, dass, wenn Pflege- und Arztkosten aus den Fallpauschalen rausgingen, man auch die Kosten für andere Berufsgruppen wie das Reinigungspersonal herausnehmen müsse.
Außerdem sei es eine „vergiftete Botschaft“, erst die Planungsfrage bei den Krankenhäusern lösen zu wollen ohne vorher für eine auskömmliche Finanzierung zu sorgen. Bei der Planung sei der zunehmende Fachkräftemangel ein wesentlicher Faktor.
Frage nach dem Zielfoto stellen!
„Ich würde erst einmal die Frage nach dem Zielfoto stellen“, warb Michael Zaske, Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg, für einen dritten Weg. Sein Ziel sei, „bestmögliche Gesundheitsversorgung in den Regionen zu organisieren“. Dazu müssten auch ambulante Versorgung, Notfallmedizin und Reha in den Blick genommen werden. Es brauche ein neues Zusammenspiel all dieser Bereiche.
Zu den Fallpauschalen merkte Zaske an, das System habe seinen Höhepunkt gehabt. Inzwischen entwickelten sich die DRG zu einer Black Box. „Man muss das ja fast schon selber studiert haben, um es halbwegs zu verstehen.“