Robert Koch-Institut warnt
Corona-Inzidenz steigt früher und schneller als 2020
Deutschland steuert auf eine vierte Corona-Welle zu – trotz steigender Impfquote. Vor allem jüngere Menschen infizieren sich aktuell mit dem Virus, wie neue Zahlen zeigen. Das Robert Koch-Institut ist besorgt.
Veröffentlicht:Berlin. Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen sich besorgt wegen der aktuellen Corona-Lage in Deutschland.
Ein Vergleich der Sieben-Tage-Inzidenz nach Altersgruppe und Meldewoche zeige, dass es bei den Neuinfektionen derzeit einen „früheren und schnelleren Anstieg“ gebe als im Sommer 2020 – und das trotz zunehmender Impfquote, teilte das RKI per Kurznachrichtendienst „Twitter“ mit und verwies auf seinen aktuellen wöchentlichen Lagebericht.
Anstieg bei 10- bis 34-Jährigen
Demnach ist seit Anfang Juli ein erneuter Anstieg der Fallzahlen zu beobachten. Betroffen sind den Angaben zufolge vor allem 10- bis 34-Jährige – „obwohl sich diese Tendenz inzwischen auch in den Altersgruppen bis 49 abzeichnet“.
Die meisten Ansteckungen mit 49 pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche verzeichnet das RKI für die 20- bis 24-Jährigen. Ein ähnlicher Anstieg der Inzidenz in den Altersgruppen bis 49 Jahre sei auch im Sommer 2020 aufgetreten – allerdings mehrere Wochen später.
Debatte um Inzidenz
Die Befundung des RKI findet vor dem Hintergrund einer Debatte um die Bedeutung der Inzidenz statt. Wissenschaftler wie Politiker gelangen zunehmend zu der Ansicht, dass die Aussagekraft der Inzidenz mit fortschreitender Impfquote abnehme und weitere Parameter wie die Krankheitsschwere oder der Grad der Hospitalisierung wegen COVID-19 heranzuziehen seien.
RKI-Chef Professor Lothar Wieler hatte dagegen betont, die Inzidenz bleibe frühester Indikator. Weitere Daten des RKI-Berichts betreffen unter anderem:
Laut RKI ist der Anteil hospitalisierter und intensivpflichtiger Patienten mit COVID-19-Diagnose an allen Fällen mit schweren Atemwegsinfektionen leicht gestiegen. Insgesamt bewegten sich die Werte aber auf niedrigem Niveau. Waren die hospitalisierten Patienten zu Jahresbeginn 2021 im Schnitt 77 Jahre alt, lag der Median zuletzt bei 47 bis 50 Jahren.
Sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland gehen die meisten Infektionen auf „besorgniserregende Varianten (VOC)“ zurück. Der Anteil von Delta lag laut RKI zuletzt bei 97 Prozent, der Anteil von Alpha bei drei Prozent.
Alle Vakzine, die zurzeit in Deutschland zur Verfügung stehen, schützten nach „derzeitigen Erkenntnissen bei vollständiger Impfung wirksam vor einer Erkrankung durch die beiden hauptsächlich zirkulierenden VOC, Delta und Alpha“.
Der Anteil vollständig beziehungsweise noch nicht geimpfter Bundesbürger variiert jedoch stark nach Alter: Während in der älteren Bevölkerung (60 Jahre und älter) nur etwa 15 Prozent noch nicht und bereits 80 Prozent vollständig geimpft sind, liegen diese Anteile bei den Erwachsenen unter 60 Jahren bei je 38 Prozent und 54 Prozent.
Bei Kindern und Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren sind 79 Prozent ungeimpft und elf Prozent vollständig geimpft.
Auch vollständig Geimpfte können sich mit Corona infizieren. Insgesamt seien seit Februar rund 8700 Impfdurchbrüche identifiziert worden, schreibt das RKI. Davon seien knapp 6590 nach einer abgeschlossenen Impfserie mit Comirnaty® (BioNTech/Pfizer), 297 mit Spikevax® (Moderna) und 493 mit Vaxzevria® (AstraZeneca) sowie 934 mit COVID19-Vaccine Janssen aufgetreten.
Bei weiteren 405 Durchbrüchen lasse sich der Impfstoff nicht zuordnen. 114 der betroffenen Patienten (zwei Prozent) zwischen 18 bis 59 Jahren und 694 Fälle (26 Prozent) ab 60 Jahren hätten hospitalisiert werden müssen.
Das Gros der seit Februar übermittelten COVID-19-Fälle sei nicht geimpft gewesen, so das RKI. Durch einen Vergleich des Anteils vollständig Geimpfter unter COVID-19-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Bevölkerung lasse sich die Wirksamkeit der Impfung grob abschätzen.
Demnach liegt die Impfeffektivität für den Zeitraum Februar bis August für die 18- bis 59-Jährigen bei rund 88 Prozent und bei den ab 60-Jährigen bei 87 Prozent.