Honorare
KBV-Chef will die Budgets knacken
In den anstehenden Honorarverhandlungen kämpfen die Ärzte nicht nur um mehr Geld. Die Parole lautet: Weg mit dem Budget!
Veröffentlicht:BERLIN. Die Vertragsärzte wollen den Paradigmenwechsel bei der Arzthonorierung vorantreiben. Es gehe nicht nur um mehr Geld, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen am Mittwochabend vor Journalisten in Berlin. Vielmehr sollen weitere Leistungen aus dem Budget geholt werden.
Einen in den anstehenden Honorarverhandlungen mit den Kassen angestrebten Punktwert wollte Gassen nicht nennen. Theoretisch müsste der derzeit bei 10,13 Cent liegende Wert um circa zehn Prozent steigen, sagte Gassen.
Hauptgrund dafür sei der zu niedrig kalkulierte Arztlohn. Der fließt seit Jahren mit 105.000 Euro in die Berechnungen ein. Tatsächlich müsste er laut KBV zur Zeit bei 133.000 Euro liegen, gemessen an einem Oberarzt-Gehalt.
Von einer Unterfinanzierung könne keine Rede sein, reagierte der GKV-Spitzenverband. "Derzeit liegt der durchschnittliche Reinertrag eines Praxisinhabers bei über 160.000 Euro. Gegenüber 2007 ist das eine Steigerung um fast 17 Prozent", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg.
Nicht alle Forderungen würden voraussichtlich in einem Schritt erfüllt werden können, warnte Gassen vor überzogenen Erwartungen. Konkretes Verhandlungsziel sei es, eine "Basisleistung" zu definieren, aus dem Budget zu holen und ohne Mengendeckel extrabudgetär vergüten zu lassen.
Diese Basisleistung soll die Steuerungsleistungen von Ärzten nach einer Kurzanamnese erfassen. Unter diese Ziffer sollten auch Zweitmeinungsverfahren fallen, sagte Gassen. Vergütet werden sollten diese Leistungen mit zehn Euro je Patient.
Das Volumen dieser Basisleistung schätzt Gassen auf rund 200 Millionen Euro im Jahr. Die Zweitmeinungen schlügen mit circa 1,7 Milliarden Euro zu Buche. Das Budget würde im Gegenzug um diese Summen abnehmen. Zweitmeinungsverfahren seien bei den Hausärzten kaum nachgefragt, ergänzte KBV-Vorstand Regina Feldmann. Bei Hausärzten solle daher stattdessen eine hausärztliche Grundvergütung extrabudgetär bezahlt werden.
Die Budgetierung hat die Ärzte im Jahr 2013 rund 2,3 Milliarden Euro gekostet. Die Honorarzahlungen für budgetierte Leistungen beliefen sich laut KBV auf 22,5 Milliarden Euro, erbracht haben die Ärzte demnach jedoch Leistungen im Wert von 24,8 Milliarden Euro.
Rund zehn Prozent der Leistungen würden somit nicht vergütet, sagte Gassen. Ausgerechnet bei den zunehmend wichtiger werdenden hausärztlich-geriatrischen Leistungen bezahlen die Kassen ausweislich von der KBV vorgelegter Zahlen nur rund die Hälfte der tatsächlich vorgenommenen Behandlungen.
2013 lag die Gesamtvergütung der Ärzte bei 33,8 Milliarden Euro. Zusammen mit dem Delta beim kalkulatorischen Arztlohn von drei Milliarden Euro im Jahr errechne sich daraus eine Unterfinanzierung des Systems von mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende. (af)