Corona und Wissenschaft

Karliczek verurteilt Angriffe auf Forscher scharf

Die Forschungsministerin ruft zum fairen Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu COVID-19 auf. Diese seien immer vorläufig und anzupassen. Sie spielt damit vor allem auf einen Vorfall an.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek informiert sich bei Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité, über den aktuellen Stand der Krankenversorgung sowie laufende Forschungsaktivitäten.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek informiert sich bei Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité, über den aktuellen Stand der Krankenversorgung sowie laufende Forschungsaktivitäten.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat den Umgang mit Forschern in der Coronavirus-Pandemie scharf kritisiert. „Wer Wissenschaftler bedroht oder beschimpft, der greift uns alle an“, sagte die CDU-Politikerin bei einem Informationsbesuch an der Berliner Charité am Mittwochnachmittag.

Zuletzt hatte es unter anderem Drohungen gegen den Leiter der Virologie der Charité, Professor Christian Drosten, gegeben. Drosten und sein Team hatten mit einer Studie zur Viruslast bei Kindern in der Corona-Krise für Aufsehen gesorgt. Drosten hatte vor der unbegrenzten Wiedereröffnung von Kitas und Schulen gewarnt – auch mit Verweis darauf, dass Kinder genauso infektiös seien wie Erwachsene. Diese Einschätzung war auf Kritik und Widerspruch gestoßen – auch bei Kinderkärzten.

Drohungen gegen Virologen Drosten

Wissenschaftliche Erkenntnisse unterlägen immer „einer gewissen Vorläufigkeit“, so Karliczek. Sie würden ständig angepasst und mitunter sogar revidiert. „Das ist nichts Neues, das ist immer so gewesen.“ Wissenschaftler hätten die Öffentlichkeit stets an ihrem Wissen zu COVID-19 teilhaben lassen. Das habe ihrer Wahrnehmung nach für viel Vertrauen in der Bevölkerung gesorgt, betonte die Ministerin. Zum Forschungsbetrieb gehörten natürlich unterschiedliche Meinungen. Die seien aber „sachlich“ auszutragen.

„Virus nach wie vor hochinfektiös“

Karliczek warnte zugleich davor, im Umgang mit der Pandemie leichtsinnig zu werden. „Das Virus ist nach wie vor tödlich und hochinfektiös.“ Noch gebe es weder Impfstoff noch Medikamente, wenn jemand schwer erkrankt sei. Hygiene- und Abstandsregeln wie auch die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes seien weiter die einzigen Möglichkeiten, um eine Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Dass sich die Forschung derzeit auf COVID-19 fokussiere, sei „ganz normal“, sagte Karliczek. Aber auch an anderen wissenschaftlichen Fragestellungen – etwa im Zusammenhang mit Krebserkrankungen – seien sowohl Forscher wie auch ihr Ministerium „weiter aktiv dran“.

Pandemie mitnichten vorbei

Charité-Vorstandschef Professor Heyo Kroemer betonte, die Coronavirus-Pandemie sei „mitnichten“ vorbei. „Stand heute liegen 39 schwerstkranke Patienten mit COVID-19 auf unseren Intensivstationen.“

Er nenne die Zahl bewusst, weil „manchmal der Eindruck entsteht, dass alles schon vorbei wäre“. Kroemer spielte damit auf Vorkommnisse in Berlin am vergangenen Wochenende an. So hatten auf dem zentral gelegenen Landwehrkanal Hunderte von Menschen dicht an dicht gedrängt und ohne Mund-Schutz eine Demonstration „Für die Kultur – alle in einem Boot“ abgehalten.

Eine „ganz wichtige Aufgabe“ für Ärzte und Krankenhäuser sei es jetzt, die Regelversorgung und parallel dazu die Versorgung schwerer Krankheitsverläufe bei COVID-19 zu gewährleisten, betonte Kroemer. Medizinisches und pflegerisches Personal sei regelmäßig zu testen. „Zukünftige Ausbrüche verhindern wir durch intensives Testen.“

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