AMNOG

Kassen attackieren freie Arznei-Preisbildung

Frühe Nutzenbewertung spart 450 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Das ist den Kassen zu wenig.

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BERLIN. Die frühe Nutzenbewertung nach dem Arzneispargesetz AMNOG hat den gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr Ausgaben von rund 450 Millionen Euro erspart.

Das haben Vertreter des GKV-Spitzenverbandes am Freitag in Berlin mitgeteilt. Würden die zwischen Pharmaunternehmen und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge ab dem Tag des Markteintritts gelten, hätte die Ersparnis 150 Millionen Euro höher gelegen, sagte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands.

Hersteller von Medikamenten können im ersten Jahr nach dem Auftreten auf dem deutschen Markt ihre Preise frei bilden. Das ist dem GKV-Spitzenverband ein Dorn im Auge. Die Forderung, den nach der frühen Nutzenbewertung in Abhängigkeit von der Bewertung ausgehandelten Erstattungsbetrag vom ersten Handelstag in Deutschland gelten zu lassen, ist Teil eines zehn Punkte umfassenden Positionspapiers, das am Freitag vorgestellt wurde.

Die Arzneimittelversorgung müsse stärker auf unterschiedliche Patientengruppen zugeschnitten werden, fordern die GKV-Vertreter. Dazu zähle auch, die bislang im AMNOG-Prozess gebildeten Mischpreise für ein Medikament mit mehreren Indikationen zu entmischen.

Es müsse möglich werden, die Erstattungsbeträge nach Patientengruppen zu differenzieren, sagte von Stackelberg. Zum Hintergrund: Die frühe Nutzenbewertung kann je nach Patientensubgruppe zu unterschiedlichen Bewertungen kommen. Am Ende steht aber ein gemittelter Erstattungspreis. Das Papier formuliert zudem die Forderung, dass neue Anwendungsgebiete älterer Wirkstoffe eine Nutzenbewertung nach sich ziehen müssten.

Kassen wollen Abschaffung von Fremd- und Mehrbesitzverbot

Der Kassenverband hält zudem eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes bei Apothekern für dringend geboten. Zudem setzt er sich für einen Abbau von Überregulierung im deutschen Arzneimittelmarkt ein.

So könne zum Beispiel die Packungsgrößenverordnung entschlackt werden, sagte Dr. Antje Haas, beim Spitzenverband zuständig für Arznei- und Heilmittel. Auch die Importquote gehöre abgeschafft. Mit der Regelung, die die vorrangige Abgabe rabattierter Arzneimittel festschreibt, gebe es dafür keine Notwendigkeit mehr.

Verbände der Pharmaindustrie haben das Papier des Spitzenverbands mit "Kopfschütteln" zur Kenntnis genommen, so der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Die Industrie leiste seit Jahren durch Herstellerzwangsabschlag und Preismoratorium "weit überdurchschnittliche Anteile zur Kostensenkung" in der GKV, erklärte der BPI.

Der Spitzenverband als "Monopol" hat nach Darstellung des BPI "längst deutlich gemacht, das ihm am Durchbruch von Innovationen gar nicht gelegen ist". Tatsächlich gebe es im AMNOG-Verfahren Modernisierungsbedarf, so der BPI: Es könne nicht sein, dass der Spitzenverband "an allen Stadien des Verfahrens mitwirkt und damit bildlich gesprochen Schiedsrichter und Spieler in einem ist".

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller wies darauf hin, dass mittlerweile 82 Prozent der deutschen Preise für neue Arzneimittel unter dem europäischen Mittel lägen. 38 Prozent der Preise seien "sogar die niedrigsten in Europa". Damit, so der vfa, sei die Refinanzierung der Forschungsaufwendungen nicht mehr gewährleistet. (af)

 

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