Abrechnungsbetrug
Kassen fordern Rekordsumme zurück
In der Pflege gibt es aktuell die meisten Fälle sogenannten Fehlverhaltens im Gesundheitswesen. Am teuersten wirken sich allerdings betrügerische Arzneimittelabrechnungen aus.
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Heißes Pflaster Pflege: Hier wurden zuletzt die meisten Betrugsfälle im Gesundheitswesen registriert.
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BERLIN. Mehr Hinweise, mehr Fälle und auch ein deutlich höheres Rückforderungsvolumen als in den Vorjahren: Die 110 Mitgliedskassen des GKV-Spitzenverbandes haben im zweijährigen Berichtszeitraum 2016 und 2017 mehr mit Abrechnungsbetrug und anderen Formen des Fehlverhaltens auf Leistungserbringerseite zu tun gehabt als je zuvor.
Am Mittwoch präsentierte der Spitzenverband die jüngsten Zahlen. Danach nahmen die bei den Kassen eingegangenen externen Hinweise auf Fehlverhalten um stolze 49 Prozent auf etwas mehr als 25.000 zu.
Die Anzahl der von den Kassen in der Berichtszeit verfolgten Fälle erhöhte sich um 20 Prozent auf 21.046. Daraus resultierten Rückforderungen von fast 50 Millionen Euro, ein Plus gegenüber 2014/2015 um 17 Prozent.
Mengenmäßig entfiel der größte Fehlverhaltens-Brocken mit 4228 abgeschlossenen Vorgängen auf die Pflege. Gemessen an den Rückforderungssummen führt jedoch mit weitem Abstand Abrechnungsbetrug bei Arznei- und Verbandmitteln. Allein hier sahen sich die Kassen in den beiden zurückliegenden Jahren um 13,3 Millionen Euro geprellt (siehe nachfolgende Grafik).
Unrechtmäßig in Rechnung gestellte Pflegeleistungen schlugen dagegen nur mit rund 4,0 Millionen Euro zu Buche.
Neues Strafrecht, mehr Hinweise
Ärztliches Fehlverhalten kostete die Kassen den Angaben zufolge 3,8 Millionen Euro. Darin sind jedoch nur Rückforderungen aus extrabudgetär vergüteten Einzelleistungen sowie aus Selektivverträgen erfasst. Fehlverhalten zu Lasten der eigenen Gruppe, also bei Falschabrechnung innerhalb der Gesamtvergütung, wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen erfasst und ausgewiesen.
In den aktuellen Berichtszeitraum fallen erstmals auch die Tatbestände Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen, die mit den Strafrechtsparagrafen 229a und 229b Anfang Juni 2016 Gesetzeskraft erlangt hatten. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass im Berichtszeitraum „ein deutlicher Anstieg der Unterrichtungen der Staatsanwaltschaft“ zu verzeichnen war.
In 3371 Fällen, heißt es, hätten die Krankenkassen die Staatsanwaltschaften eingeschaltet (+11,0 Prozent); was immer dann zu erfolgen habe, wenn der Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht. Das trifft aber auch auf Betrug, Untreue, Vorteilsannahme oder auch Urkundenfälschung zu.
Wieviele Vorgänge 2016 und 2017 ausschließlich auf das Konto des neuen Korruptionsstrafrechts für Heilberufler gingen, weist der Report des Spitzenverbandes nicht aus.
„Erhebliches Dunkelfeld“
„Die Zahlen sind auch ein Beleg dafür, dass die geänderten Rahmenbedingungen erste Wirkung entfalten und Fehlverhalten besser erkannt und häufiger aufgedeckt wird. Sie zeigen aber auch: Es gibt zuviel Fehlverhalten!“, so Verbandsvorstand Gernot Kiefer.
Zudem sei laut Bundeskriminalamt hinsichtlich Betrug und Korruption im Gesundheitswesen „von einem erheblichen Dunkelfeld“ auszugehen. Der GKV-Spitzenverband werde daher „neue kriminologische Forschungsprojekte in diesem Bereich jederzeit aktiv unterstützen“.
Wir haben den Beitrag aktualisiert und verlängert am 28.11.2018 um 16:40 Uhr.