England

Keine Trauminsel mehr für Ärzte

Bis 2025 will Großbritannien nicht mehr auf ausländische Ärzte angewiesen sein.

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BERLIN. Der Brexit wirft seine Schatten auch auf die Ärzteschaft. Rund 2000 Ärzte aus Deutschland zählt die Bundesärztekammer (BÄK) auf der Insel. Aus der EU sind rund 23.000 Ärzte im britischen National Health Service (NHS) tätig. Rund ein Viertel aller Ärzte im Vereinigten Königreich kommt aus dem Ausland. Dazu gesellt sich eine sechsstellige Zahl von Angehörigen nichtärztlicher Gesundheitsberufe.Über die Rechte von EU-Bürgern in einem nicht mehr zur EU gehörenden Großbritannien seit gestern intensiv beraten. Auftakt bildete eine Anhörung im EU-Parlament in Brüssel.

Auf dem Parteitag der Tories im Oktober 2016 hatte der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt die Marschrichtung vorgegeben. In Zukunft sollten keine Ärzte mehr importiert werden müssen. Bis 2025 solle der NHS über ausreichend eigene Ärzte verfügen. Dafür würden 1500 Studienplätze für Briten zusätzlich aufgebaut.

Interesse an der Insel nimmt ab

Die deutsche Seite bleibt dennoch cool. "Ich sehe beim NHS nicht den Wunsch, die ausländischen Ärzte schnell loszuwerden", sagte Dr. Alexander Jäkel von der BÄK der "Ärzte Zeitung. Probleme sieht er gleichwohl. "Kommt es zu einem harten Brexit, würde die automatische Anerkennung der medizinischen Grundausbildung und der Weiterbildung wegfallen."

Der Drang deutscher Ärzte Richtung Großbritannien scheint sich ohnehin bereits abgeflacht zu haben. Das ernsthafte Interesse deutscher Mediziner an einem Job auf der Insel sei stark zurückgegangen, sagt Wolfgang Wannoff vom Vorstand der Deutsch-Englischen Ärztevereinigung. Dafür seien zum einen verschärfte Zugangsbedingungen wie Sprachtests und Nachweis von Kenntnissen über den NHS ebenso verantwortlich wie die Tatsache, dass sich die Arbeitsbedingungen in Deutschland verbessert hätten, auch finanziell, sagte Wannoff der "Ärzte Zeitung".

Ärzte stimmten für die EU

Er habe zudem den Eindruck, dass die Zahl der britischen Ärzte wachse, die aufgrund des Brexits die Insel verlassen wollten. Mediziner hätten in der Mehrheit auch nicht für den Brexit gestimmt. Tatsächlich gegangen sei bereits eine größere Zahl polnischer Ärzte.

Gehe es nach dem gesunden Menschenverstand, sollte sich für deutsche Ärzte auch unter Brexitbedingungen nicht viel ändern, spekuliert Wannoff. Sie gehörten dann eben zu der großen Zahl von Ärzten aus Drittstaaten in Großbritannien. (af)

Lesen Sie dazu auch: Brexit-Experte im Interview: "Ich sehe gewaltige Probleme kommen"

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Kommentare
Anne C. Leber 29.05.201712:48 Uhr

Leserzuschrift von Wolfgang Wannoff

Zu dem genannten Thema werde ich in der Spalte „England: Keine Trauminsel mehr für deutsche Ärzte“ zitiert. Aus dem möchte ich gern einige Anmerkungen zum Thema machen. In dem Hauptartikel auf der Themenseite kommentiert der CSU Abgeordnete Reiner Meier überwiegend durchaus richtig. Allerdings erlaube ich einige kleinere Korrekturen anzumerken.

Die Behauptung, dass Deutschland in wesentlich geringerem Umfang auf internationale Ärzte angewiesen sei denn Großbritannien halte ich angesichts der jetzt bereits ca. 35000 internationalen Ärzte in Deutschland für gewagt. Besonders auch unter der Berücksichtigung der demographischen Entwicklung (Quelle: DESTATIS http://bit.ly/2qOFl6A http://bit.ly/2qOWb5n). Zudem schafft GB noch zusätzliche Studienplätze in signifikanter Zahl,im Gegensatz zu Deutschland.

Es kann bei der Aussage von MdB Reiner Meier der Eindruck entstehen,die in Großbritannien tätigen Ärzte müssten sich Sorgen machen, ob Sie zukünftig weiter auf der Insel tätig sein dürfen. Diese eventuell entstehende Sorge halte ich für so gut wie unbegründet. In Ermangelung eines europäischen Ärzteregisters ist auch in der EU jede Zulassung zum Arztberuf eine nationale Zulassung, die durch eine EU Richtlinie zu einem harmonisierten Anerkennungsverfahren führt. Das bedeutet, dass der deutsche Arzt der beim GMC registriert ist, de facto ein britischer Arzt ist. Diese nationale Anerkennung wird er / sie durch den Brexit keinesfalls verlieren. Etwas Anderes ist es was nach dem Brexit passieren wird mit der dann folgenden Regelung für Ärzte, die sich erstmals in dem jeweils anderen Gebiet anerkennen lassen möchten. Das werden die „harten“ Verhandlungen erbringen, von denen MdB Meier spricht. Nach meiner Einschätzung brauchen sich auch die Ärzte keine großen Sorgen machen, was die aufenthaltsrechtlichen Belange angeht. Schon heute sind von ca. 281.000 Ärzten in GB ca. 30.000 aus der EU aber über 70.000 aus Drittstaaten. Warum also sollte man zukünftig ausgerechnet die paar Ärzte aus Deutschland nach Hause schicken. Es ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass der NHS gerade eine internationale Kampagne zur Anwerbung internationaler Hausärzte gestartet hat.

Deshalb wage ich die Aussage calm down, es wird viele Probleme bei den Brexit Verhandlungen und auch danach geben. Gerade die EU-Ärzte sollten sich keine allzu großen Sorgen machen

Wolfgang Wannoff
Geschäftsführer
Panacea 4U Limited
Hamburg

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