COVID-Intensivpatienten
„Kleeblatt-Prinzip“ soll Intensivstationen vor Kollaps bewahren
Sind einzelne Kliniken oder gar Regionen überlastet, sollen Patienten auch über Bundesländergrenzen hinweg verlegt werden. Das Bundesinnenministerium hat dafür das „Kleeblatt-Konzept“ entwickelt.
Veröffentlicht:Berlin. Bund und Länder bereiten die Verlegung von COVID-19-Patienten zwischen den Bundesländern vor, um die Überlastung von Krankenhäusern in einer Region zu verhindern.
Das Konzept des Bundesinnenministeriums, das der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, basiert auf dem Kleeblatt-Verfahren: Je drei bis fünf Bundesländer bilden dabei eine Planungseinheit. Im Norden sollen dies Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sein, im Osten Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Im Südwesten schließen sich Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland zu einer wechselseitigen Unterstützungseinheit zusammen. Nordrhein-Westfalen und Bayern als die beiden bevölkerungsreichsten Bundesländer gelten als jeweils eigene Großregionen.
Intensivmedizin kommt als erstes ans Limit
Der Anteil der intensivpflichtigen COVID-19-Fälle sei mit sieben bis acht Prozent aller Infizierter relativ hoch, heißt es in dem Papier. „Daher werden bei steigenden Fallzahlen die Kapazitätsgrenzen in der Intensivmedizin als Erstes überschritten.
Unterschieden werden in dem Konzept die drei Planungsstufen grün, gelb und rot. Gelb ist charakterisiert durch eine wachsende Inanspruchnahme von Klinikbetten, Krankenhäuser sind in dieser Planstufe nur noch „bedingt aufnahmefähig“. Rot hingegen bedeutet eine sich abzeichnende Überlastungssituation, bei der Verlegungen „zwingend notwendig“ sind.
In der Stufe Gelb gelten noch überwiegend die herkömmlichen Verlegungsroutinen, der Transport erfolgt hier nach landesrechtlichen Regelungen durch die jeweils zuständigen Leitstellen. „Landesinterne und nachbarschaftliche Verlegung“ hat bei dem Verfahren Vorrang.
Klinikärzte sollen Empfehlungen für Verlegungen erhalten
In der Studie Rot wird dann das Kleeblatt-Prinzip angewendet. Dafür bestimmen die in einer Großregion zusammengeschlossenen Bundesländer einen „Single Point of Contact“ (SPOC). Die Mitarbeiter in dieser Koordinierungsstelle halten Kontakt zu den anderen SPOC und nehmen dazu „operative Vorabsprachen“ vor. Klinikärzte werden durch die zuständigen Stellen im SPOC beim Finden einer aufnehmenden Klinik für COVID-19-Patienten unterstützt.
Die Mitarbeiter greifen dabei auf Informationen aus dem DIVI-Intensivregister und aus den Fachabteilungen des Robert Koch-Instituts zurück. Prognosewerkzeuge sollen eingesetzt werden, um vor einer Patientenverlegung die zu erwartende Auslastung von Kliniken in der Zielregion zu beurteilen.
Dann wird die Empfehlung zur konkreten Verlegung an den abgebenden Arzt zurückgegeben, damit „von dort ein Arzt-Arzt-Gespräch erfolgen kann, auf dessen Grundlage über die tatsächliche Durchführung des Transports entschieden wird“, heißt es in dem Papier.
Am Montag befanden sich bundesweit 2243 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, das sind 182 mehr als am Tag zuvor. 1167 Patienten – rund 52 Prozent – mussten beatmet werden. 7837 Intensivbetten sind aktuell noch als frei gemeldet. 12.789 zusätzliche Betten können den Angaben nach binnen sieben Tagen als Notreserve aufgestellt werden. (Mitarbeit: Anno Fricke)