Baden-Württemberg

Klinik sucht Arzt

Keine rosige Zukunft? Die große Mehrzahl der Kliniken und Pflegeeinrichtungen im Ländle hat Probleme, freie Arzt- und Pflegestellen nachzubesetzen. 40 Prozent der Kliniken haben bereits im Ausland Fachkräfte angeworben, so eine Befragung.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:

STUTTGART. In Baden-Württemberg scheint sich zu bewahrheiten, wovor Ärztevertreter schon lange warnen: Es gibt bundesweit zwar regelmäßig mehr Ärzte – im vergangenen Jahr stieg ihre Zahl laut BÄK-Statistik um 1,9 Prozent auf 392.402 –, aber sie kommen so nicht als zusätzliche Arztkapazität in der Versorgung an.

Rund 75 Prozent der Krankenhäuser und 80 Prozent der Reha-Einrichtungen in dem Bundesland haben derzeit Schwierigkeiten, offene Stellen im ärztlichen Dienst nachzubesetzen. Das zeigt der aktuelle Indikator der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG).

Dabei schien es in den Jahren 2014 bis 2016 fast so, als würde sich die Personalsituation bei den Ärzten etwas entspannen: Bereits im ersten Halbjahr 2011 hatten rund 77 Prozent der baden-württembergischen Kliniken Probleme, Ärzte zu finden, im 1. Halbjahr 2014 waren es immerhin nur noch 54 Prozent und im ersten Halbjahr 2016 52,5 Prozent der Kliniken.

Für den Indikator werden halbjährig die Geschäftsführer aller BWKG-Mitgliedseinrichtungen befragt.

Auszubildende bleiben Mangelware

Nicht viel besser sieht es in Sachen Pflegepersonal aus. Aktuell berichten 85,2 Prozent der Kliniken und 83,8 Prozent der Reha-Kliniken, dass es schwierig sei, Stellen zu besetzen. Hier hat sich die Situation allerdings seit 2011 mehr oder weniger kontinuierlich verschlechtert: Im ersten Halbjahr 2011 bereitete mehr als jeder zweiten Klinik die Stellenbesetzung Sorgen, im ersten Halbjahr 2016 erhöhte sich der Anteil auf fast 60 Prozent und im ersten Halbjahr 2018 klagte schon jede dritte Klinik über den Mangel an Pflegekräften auf dem Arbeitsmarkt.

Dabei fehlt es gerade auch an Auszubildenden, wie ein Blick in die Pflegeeinrichtungen verdeutlicht. Aktuell können über 86 Prozent der Einrichtungen offene Stellen im Pflegedienst nur mit Schwierigkeiten besetzen. 59 Prozent finden zudem kaum Pflegeschüler. Das sei ein deutliches Warnsignal, so Detlef Piepenburg, Vorstandsvorsitzender der BWKG.

Dabei scheint die neue Pflegeausbildung, die zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung für alle Pflegeberufe vorsieht und 2020 mit Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes kommt, die Sorgen insbesondere der Altenpflegeeinrichtungen nicht zu schmälern: Mehr als jede zweite Einrichtung rechnet laut BWKG-Indikator damit, dass durch die neue Ausbildung die Zahl ihrer Auszubildenden sinkt. Piepenburg mahnt daher „Augenmaß und Pragmatismus“ bei der Umsetzung an. Wenn einem ambulanten Dienst noch eine Praxisanleiterin oder ein Praxisanleiter fehle, müsse es möglich sein, sich eine solche Fachkraft aus einem Krankenhaus auszuleihen. Und wenn die Praxisplätze in den Kinderkliniken voll seien, müsse es möglich sein, die Auszubildenden zu niedergelassenen Kinderärzten zu schicken, schlägt er vor.

40 Prozent der Kliniken mit Defizit

Neben dem Personalmangel sorgt aber auch die finanzielle Situation der baden-württembergischen Kliniken eher für eine gedämpfte Stimmung bei den Häusern. 44 Prozent der Krankenhäuser und 41 Prozent der Reha-Kliniken verbuchten 2018 ein Defizit. Auch 31,4 Prozent der Pflegeeinrichtungen gingen mit einem negativen Geschäftsergebnis aus dem Jahr.

45 Prozent der Krankenhäuser bewerten ihre wirtschaftliche Situation zudem als schlecht, weitere 36,3 Prozent als „mittelmäßig“. Etwas optimistischer schauen die Reha-Kliniken in die Zukunft: Hier bewertet nur ein Drittel die aktuelle wirtschaftliche Lage als schlecht, fast 30 Prozent bezeichnen diese indes als gut bis sehr gut.

Von den Pflegeeinrichtungen empfinden sogar nur rund 23 Prozent die aktuelle Lage als schlecht.„Die Krankenhäuser im Land leiden nach wie vor darunter, dass strukturelle Kostenunterschiede zwischen den Bundesländern im deutschen Krankenhausfinanzierungssystem weitgehend unberücksichtigt bleiben“, so Piepenburg.

Ein deutliches Warnsignal ist, dass mehr als die Hälfte der Altenpflegeeinrichtungen ab dem kommenden Jahr mit einer rückläufigen Zahl von Pflege- Auszubildenden rechnen.

Detlef Piepenburg, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Probleme in ambulanter Versorgung

SpiFa: „Keine einzige Baustelle des Gesundheitswesens beseitigt“

Bessere Versorgungsqualität erwartet

Mecklenburg-Vorpommern: DMP Osteoporose ist gestartet

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger

Lesetipps
Die Autorinnen und Autoren resümieren, dass eine chronische Lebererkrankungen ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer akuten Pankreatitis ist. Sie betonen aber, dass für eine endgültige Schlussfolgerungen die Fallzahlen teils zu gering und die Konfidenzintervalle zu weit sind.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Mehr Komplikationen, höhere Sterblichkeit

Akute Pankreatitis plus CLD – eine unheilvolle Kombination

Einweg-E-Zigaretten

© Moritz Frankenberg / dpa

Vaping

Konsum von fruchtigen E-Zigaretten im Trend