Krankenhausmanagement
Klinikum Bayreuth: Ärzte üben Kritik – und werden entlassen
Streit am Klinikum Bayreuth. Ein Neurologe und eine Neuropädiaterin wurden entlassen. Die Ärzte sprechen von Versorgungsmängeln und Handlungsbedarf, die Geschäftsführung von ungerechtfertigten Vorwürfen.
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Dicke Luft am Klinikum Bayreuth?
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BAYREUTH. Seit Ende Februar sind sie nun freigestellt, inzwischen gekündigt: Dr. Silvia Vieker, Kinderärztin und Neuropädiaterin sowie Dr. Jörg Schmitt, Neurologe, waren beide seit einigen Jahren am Klinikum Bayreuth tätig. Das Ärzte-Ehepaar zählt zu den Experten auf dem Gebiet Epilepsie. Schmitt arbeitete an der Klinik für Neurologie, Vieker an der Kinderklinik. Die Ärztin leitete dort die Ambulanz für Neuropädiatrie und Epileptologie, die sie selbst mit aufgebaut hat. Die ist nun geschlossen. Patienten, so die Information, müssten Kinderarztpraxen aufsuchen oder das nächste Epilepsiezentrum an der hundert Kilometer entfernten Universitätsklinik in Erlangen. Eine stationäre Basisversorgung sei gesichert, Versorgungsprobleme gebe es nicht, heißt es von Klinikseite.
De facto sei "die Weiterbetreuung der Patienten in keiner Weise gesichert", kritisieren dagegen Dr. Florian Brackmann und weitere Kinder- und Jugendärzte der Region Bayreuth-Kulmbach in einem Leserbrief an die regional erscheinende Tageszeitung "Nordbayerischer Kurier". Der Umgang mit den Patienten sei "unerträglich". Aus Ambulanzkreisen heißt es, die Mitarbeiter hofften auf Viekers Rückkehr.
Der Klinik geschadet?
Sie habe etwa 200 Kinder betreut, berichtet Vieker der "Ärzte Zeitung", Neurologe Schmitt bis zu 700 Erwachsene. Den Rausschmiss begründete die Geschäftsführung in einem Schreiben an den Betriebsrat, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt, mit einem Fehlverhalten der Ärzte. Sie hatten wiederholt die Qualität der Versorgung in der Neurologie kritisiert. Dabei, so die Geschäftsführung, sei Unwahres behauptet und der Klinik geschadet worden. "Wir können nicht anders", sagt dagegen Vieker. "Das hat damit zu tun, wie man als Arzt arbeitet." Fehlerhafte EEG-Diagnosen, zu wenig qualifiziertes Personal, zu wenig Personal für zu viele Patienten, zu wenige Betten, inadäquate Ausstattung, solche Kritikpunkte hatten Schmitt und Vieker wiederholt vorgebracht. Zudem strebten sie für eine bessere Versorgung ein Epilepsiezentrum an. Das sei Schmitt bei seinem Start an der Klinik in Aussicht gestellt worden.
Solche Dinge persönlich anzusprechen, habe nichts gebracht, so Vieker. Selbst die Ende Juni 2017 von Dr. Jörg Schmitt gestellte interne Gefährdungsanzeige nicht. Ihnen sei geraten worden, das Thema auf sich beruhen zu lassen, Gesprächsbedarf gebe es nicht. Doch die Mediziner ließen nicht locker. Nach einigen Monaten waren verschiedene Stellen informiert, am Ende der Bayreuther Stadtrat. Öffentlichkeit, so die Ärzte, hätten sie aber nicht angestrebt, die Kommunikation sei vertraulich gewesen. Die Klinik schaltete einen Gutachter ein. Mitte Februar soll er eine abschließende Stellungnahme abgegeben haben, welche die Kritik widerlege. Herausgegeben wird das Papier nicht. Die von der Klinikleitung zur Begründung der Kündigung angeführte anwaltliche Einschätzung der Äußerungen von Vieker und Schmitt – "rechtswidrig" – werden gleichfalls unter Verschluss gehalten. "Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir vertrauliche Unterlagen, wie das Gutachten und juristische Einschätzungen, aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht veröffentlichen können", teilte dazu Frank Schmälzle, Pressereferent des Klinikums mit.
Streit geht vor Gericht
Aus Sicht der Geschäftsführung sei die Kündigung "unvermeidbar" gewesen. Es hätten "über Monate hinweg Gespräche und Einigungsversuche stattgefunden", so Schmälzle. Diese hätten "nicht zum Erfolg geführt." Der Betriebsrat bekam bisher ebenfalls keinen Einblick in Gutachten und Anwaltseinschätzung, und äußerte in Stellungnahmen, die der "Ärzte Zeitung" vorliegen, unter anderem deswegen Bedenken gegen die Kündigungen. "Wir werden Kündigungsschutzklage erheben", sagt Rechtsanwalt Oliver Gerhards, der die beiden Ärzte vertritt. Sie wollten grundsätzlich weiter an der Klinik arbeiten. Sie böten alternativ an, das übergangsweise zu tun, bis eine adäquate Weiterversorgung der Patienten organisiert sei. Die Klinikseite habe das bisher abgelehnt.