Standort Europa

Lauterbach will Arzneimittelproduktion – schon wieder – per Gesetz fördern

Erst vor wenigen Wochen wurde ein Gesetz gegen Arzneiengpässe beschlossen. Schon will Minister Lauterbach noch eines dazu aufgelegen – und stellt interessante Behauptungen auf.

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16.08.2023, Berlin: Karl Lauterbach (l, SPD), Bundesminister für Gesundheit, und Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, nehmen an der Sitzung des Bundeskabinetts teil.

Will die Arzneimittelproduktion ins Visier nehmen: Gesundheitsminister Karl Lauterbach, hier noch in Berlin, am Mittwoch im Bundeskabinett (mit Justizminister Marco Buschmann im Hintergrund.

© Kay Nietfeld / dpa

Neu Delhi. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach will die Erforschung und Produktion von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland mit einem neuen Gesetz fördern. Dieses solle bis zum Jahresende kommen, sagte der SPD-Politiker der „ARD“ am Rande des Treffens der G20-Gesundheitsminister am Samstag in der indischen Stadt Gandhinagar im Bundesstaat Gujarat. Es solle möglich werden, in Deutschland einfacher Arzneimittelstudien zu machen und Arzneimittel dann schneller zuzulassen.

Der Forschungsstandort Deutschland habe in den vergangenen zehn Jahren schleichend an Attraktivität verloren, sagte Lauterbach. „Wir sind zurückgefahren in der Arzneimittelforschung, wir sind zurückgefahren bei der Zulassung neuer Arzneimittel.“

Im Widerspruch zu EU-Zahlen

Die Aussage Lauterbachs, die Zahl der Neuzulassungen bei Arzneien sei „zurückgefahren“, deckt sich allerdings nicht mit Angaben der EU-Kommission und der zuständigen EU-Arzneibehörde EMA. Danach ist die Zahl zentraler Zulassungen neuer Arzneien bzw. Indikationen seit Jahren gestiegen auf zuletzt 83 im Jahr 2022. Die EMA hatte im selben Jahr positive Zulassungsvoten für 89 neue Arzneien erteilt, darunter waren 41 neue Wirkstoffe.

Zudem hat der Bundestag erst Ende Juni das „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz“ (ALBVVG) beschlossen. Wenngleich die Pharmaindustrie hierin „Risiken“ sah, sollte mit dem ALBVVG die Medikamentenproduktion gefördert werden. „Europäische Produktionsstandorte werden gestärkt und Reaktionsmechanismen verbessert. Damit wollen wir neue Lieferengpässe vermeiden“, sagte Minister Lauterbach seinerzeit.

Welche Regelungsinhalte die jetzt von ihm angekündigte Initiative beinhalten soll, kündigte er zunächst nicht an. Auch in der rezenten „BMG-Arbeitsplanung 2023“ taucht bislang kein weiteres Gesetzesvorhaben dazu auf.

Holetschek fordert Gipfel

Lauterbach betonte in Indien, das G20-Gastgeberland sei ein wichtiger Standort für die Produktion und Erforschung von Arzneimitteln. Auch seien hier Produkte erhältlich, die man zu vergleichbaren Kosten in Deutschland noch nicht herstellen könne. Zudem sei Indien ein wichtiger strategischer Partner und man wolle die Zusammenarbeit noch ausbauen. Trotzdem müsse die Produktion wichtiger Arzneimittel etwa zur Krebsbehandlung in Europa erfolgen, um Lieferengpässe zu verhindern.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der sich mit seiner CSU gerade im Landtagswahlkampf befindet, hat am Sonntag abermals mehr Tempo beim Kampf gegen die Arzneimittelknappheit angemahnt. Die Bundesregierung darf beim Thema Arzneimittelmangel keine Zeit mehr verlieren – es ist höchste Zeit für einen Krisengipfel“, sagte er in München.

„Dies gilt gerade mit Blick auf den Herbst und Winter, wenn die Grippe- und Erkältungszeit wieder beginnt und damit die Versorgungslücken wieder drastisch aufreißen könnten.“ Seit mehr als einem halben Jahr sei bekannt, dass es bundesweit einen Mangel an wichtigen Medikamenten wie Antibiotika und Krebsmedikamenten gebe. (dpa/nös)

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