Regionale Unterschiede in Deutschland

Lebenserwartung von Frauen und Männern nähert sich an – aber nicht überall

Männer leben im Durchschnitt ungesünder und daher kürzer als Frauen, heißt es oft. Laut einer Studie gibt es hier neuere Trends – mit auffälligen regionalen Unterschieden.

Veröffentlicht:
 Jahrzehnte lang ist die Lebenserwartung von Frauen schneller gestiegen als die der Männer – das hat sich geändert.

Jahrzehnte lang ist die Lebenserwartung von Frauen schneller gestiegen als die der Männer – das hat sich geändert.

© Rainer Fuhrmann / stock.adobe.com

Wiesbaden. Viele Jahrzehnte lang ist die Lebenserwartung von Frauen schneller gestiegen als die der Männer – seit Ende des 20. Jahrhunderts aber verringert sich dieses Ungleichgewicht laut einer Studie wieder. Dabei gibt es jedoch erhebliche regionale Unterschiede, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiP) in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte.

Seine Forscher hatten demnach für die neue Studie „erstmals detaillierte Todesursachendaten für 228 Regionen in sieben europäischen Ländern untersucht“. Lagen Männer hier noch Mitte der 1990er Jahre bei der Lebenserwartung mehr als sieben Jahre hinter Frauen zurück, so verringerte sich dieser Unterschied in den vergangenen Jahrzehnten auf weniger als fünfeinhalb Jahre.

In Teilen Ostdeutschlands beträgt der Unterschied sechs Jahre und mehr

In Süddeutschland, Dänemark und der Schweiz waren die Differenzen der Lebenserwartung mit teils weniger als vier Jahren besonders gering. Ganz vorne mit nur 3,3 Jahren Abstand lag die Nordwestschweiz mit Basel und Umland, dicht gefolgt von München und Umgebung mit 3,5 Jahren. In Teilen von Ostdeutschland, Tschechien, der Slowakei und Frankreich waren die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen mit sechs und mehr Jahren dagegen etwa doppelt so groß.

Die Forscher beobachten laut dem BiP auch mehr Rückstände von Männern auf dem Land als in der Stadt. „Florierende Großstädte ziehen durch ihre guten Jobmöglichkeiten eher gesunde und qualifizierte Bevölkerungsgruppen an, während strukturschwache Regionen weniger attraktiv für diese Menschen sind“, erklärte Markus Sauerberg vom BiB. Das trägt dem Forschungsinstitut zufolge dazu bei, „dass in großen Städten oft eine vergleichsweise niedrige Sterblichkeit mit geringen Geschlechterunterschieden beobachtet wird“.

Herzschrittmacher lassen gerade Männer länger leben

Ungesundes Verhalten könne eine niedrigere Lebenserwartung verursachen. Im 20. Jahrhundert war demnach etwa das unter Männern weiter verbreitete Rauchen ein wesentlicher Grund, dass ihre Lebenserwartung langsamer stieg als bei Frauen. Auch arbeiteten Männer dem BiB zufolge lange Zeit länger und waren somit mehr Gesundheitsrisiken im Job ausgesetzt.

Inzwischen lassen mehr Herzschrittmacher gerade Männer länger leben. Zudem ebbt bei ihnen nach den Angaben die raucherbedingte Sterblichkeit bereits ab, während sie bei Frauen noch weiter steigt, weil sie erst seit den 1960er Jahren verstärkt mit dem Rauchen begonnen haben. Überdies schrumpfen die Unterschiede der Geschlechter bei jobbedingten Gesundheitsrisiken, weil heute mehr Frauen arbeiten.

„Wie die Ergebnisse anderer Studien zeigen, kann nur ein kleiner Teil der Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden. Der größere Teil ist vom Lebensstil sowie von der Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten abhängig“, teilte das BiB weiter mit.

Mit den Rollenbildern gleicht sich auch die Sterblichkeit an

Diese Aspekte könnten durch eigenes Verhalten und die Gesellschaft beeinflusst werden. „Wie etwa die Rollen von Männern und Frauen im Privatleben, Beruf und Krisensituationen gesellschaftlich gesehen werden, hat einen erheblichen Einfluss auf die Geschlechterunterschiede in der Sterblichkeit“, erklärte Sebastian Klüsener, Mitautor der Studie.

„Dazu zählt etwa, ob der Mann eher in der Verantwortung für das Haushaltseinkommen gesehen wird, oder ob bestimmte gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie das Rauchen oder der Alkoholkonsum bei Männern oder Frauen eher toleriert werden und verbreiteter sind.“ Wenn sich Rollenbilder annäherten, glichen sich tendenziell auch die Unterschiede der Sterblichkeit von Männern und Frauen an. (dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

WIdO-Qualitätsmonitor

Leistungskonzentration bei Speiseröhren-Operationen

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Koalitionsvertrag im Pädiatrie-Check: „Man zeigte sich stets bemüht“

Lesetipps
Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?