Linkes Bündnis will "Kopfpauschale" stoppen

Gegen die geplante Gesundheitsreform der Koalition formiert sich ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und Oppositionsparteien.

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Prominente Köpfe - vereint im Kampf gegen die "Kopfpauschale" der schwarz-gelben Koalition: (v.l.n.r.): SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel, DGB-Chef Michael Sommer, Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und Linken-Chefin Gesine Lötzsch.

Prominente Köpfe - vereint im Kampf gegen die "Kopfpauschale" der schwarz-gelben Koalition: (v.l.n.r.): SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel, DGB-Chef Michael Sommer, Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und Linken-Chefin Gesine Lötzsch.

© dpa

BERLIN (hom). Es war ein imposanter Auftritt: Schulter an Schulter mit den Vorsitzenden der drei Oppositionsparteien im Bundestag - Sigmar Gabriel (SPD), Claudia Roth (Grüne) und Gesine Lötzsch (Linke) - präsentierte sich der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Michael Sommer am Dienstagvormittag in Berlin, um gemeinsam die Pläne von Union und FDP für eine Gesundheitsreform zu zerpflücken.

Mit den einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen steige die Koalition "in die Kopfpauschale" ein und mit dem Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge aus der 127 Jahre alten solidarischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus, schimpfte Sommer.

Künftige Kostensteigerungen müssten allein von den Versicherten bezahlt werden. Die Mehrbelastungen würden am Ende wohl nicht ausgeglichen, der Sozialausgleich sei in Wahrheit eine "Mogelpackung".

So funktioniere die Kopfpauschale nach dem Prinzip: "Je kleiner das Einkommen, desto größer die Belastungen." Da könne Gesundheitsminister Philipp Rösler "noch so smart und wortreich das Gegenteil behaupten", so Sommer.

Für die SPD kündigte deren Vorsitzender Gabriel eine Reform der Rösler-Reform an, sollten es die politischen Mehrheitsverhältnisse "spätestens 2013" zulassen. Das schwarz-gelbe Reformvorhaben mache aus dem bestehenden ohnehin schon schwierigen System der Zwei-Klassen-Medizin ein "Drei-Klassen-System". Das müsse verhindert werden.

Grünen-Chefin Roth sagte, die Reform führe zu einer "krassen, fast obszönen Benachteiligung von Millionen von Versicherten". Die Pläne seien ein "radikaler Anschlag auf unseren sozialen Rechtsstaat". Linken-Vorsitzende Lötzsch kündigte an, so viele Menschen wie möglich gegen die Gesundheitsreform der Koalition mobilisieren zu wollen.

Lesen Sie dazu auch: SPD-Chef kündigt Reform der Reform an

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 29.09.201016:09 Uhr

Politische Opposition gegen desolate Koalition!

''Linkes Bündnis will "Kopfpauschale" stoppen'' ist die Schlagzeile. Es bleibt zu hoffen, dass diese "Koalition" ein Bündnis der Vernunft ist und bleiben wird. Die "Kopfpauschale" ist mit dem Rechtssystem der GKV unvereinbar und verfassungswidrig. Sie wäre eine gigantische Umverteilung von Unten nach Oben: Monatseinkommen ab 3.750 Euro aufwärts hätten demnach statt derzeit 558,75 Euro (=14,9%) mit 250 Euro mtl. weit weniger als die Hälfte bezahlen müssen. Dies hätten die kleinen und mittleren Einkommen mit ihren "Kopfpauschalen" von mtl. 250 Euro (bei 1000 Euro Einkommen mtl. sind das 25%!) unterfüttern und egalisieren müssen. Prekäre Einkommensverhältnisse bis zum Sozialhilfesatz wären steuerlich alimentiert worden.

Die "Kopfpauschale" wäre nach der Einführung des Kopfstands in der Geburtshilfe die zweitdümmste Idee in der GKV. Die CDU/CSU/FDP Koalition ließ daher ihren Bundesgesundheitsminister (BGM) fallen wie eine heiße Kartoffel. Zur rösler'' schen Gesichtswahrung ("wenn die Kopfpauschale nicht kommt, trete ich zurück!") gab es ein "Kopfpauschälchen", euphemistisch "Zusatzprämie" genannt. Gerade so, als gäbe es etwas zu gewinnen? Nein, alle gesellschaftlichen ''Looser'' in der GKV sollen mtl. 15-30 Euro z u s ä t z l i c h bezahlen, während eine 2/3-Merheit im Bundestag wie auch viele Arbeitgeber in der PKV ganz entspannt privat versichert sind.

Und dann möchte Dr. med Philipp Rösler, der den Subtext seiner Augenklinik-Chefansage ("mein Chef sagte: ''Rösler, Sie sind bei keiner Operation der Beste, aber Sie lächeln immer'' - Da wusste ich, ich muss in die Politik gehen") bis heute nicht verstanden hat, auch noch eine "intelligente" Kostenerstattung und gar eine "Vorkasse beim Arzt" kreieren (Interviews im Dtsch. Ärzteblatt und Financial Times Deutschland). Der Rheinischen Post erklärte er wagemutig, seine "Zusatzprämien werden 2011 gegen Null tendieren". Absoluter Höhepunkt rösler'' scher Intelligenzfeuerwerke und eilfertig von der dpa heute morgen bestätigt: "Die reine Lehre der FDP sieht so aus, dass wir die heutige Versicherungspflicht abschaffen und jeden Menschen verpflichten, sich ... zu versichern." Welch ein Meister der Tautologie, der Wortkunst und des Kunstwortes - das ontologische Dilemma eines modernen Existenzialismus in einem kleinen Wortspiel ausgesucht selten dümmlich verpackt!

Sorry, beim Kollegen Dr. med. Philipp Rösler gehen mir manchmal die Pferde durch. Zurück zum Bündnis gegen die Kopfpauschale: Subtil und kaum bemerkt strickt die Bundesministerin für Arbeit und Soziales (BMAS), Frau Dr. med. Ursula von der Leyen, auch als Ökonomin an der "Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung" des BMAS. Danach sollen:
Die Versicherungspflichtgrenze für den Wechsel in die PKV auf 4.125 Euro mtl. abgesenkt (bisher 4.162), die Jahresarbeits-Entgeltgrenze von derzeit 49. 950 Euro (=4.162,50 Euro mtl.) nur 1x erreicht werden, um in die PKV zu wechseln können und die Beitragsbemessungsgrenze'' (BBG) auf 3.712,50 Euro Monatseinkommen sinken (bisher 3.750). Die BBG ist die Grenze, oberhalb derer das Einkommen eines Versicherten beitragsfrei bleibt, damit auch ja die Masse der kleinen und mittleren Einkommen wie geplant 15,5 % Beitragssatz in die GKV einzahlen. Wer genau 3.712,50 mtl. brutto verdient, zahlt davon 575,44 Euro in die GKV (incl. Arbeitgeberanteil). Wer aber 4.500 Euro mtl. verdient, zahlt nur noch 12,79 % vom seinem Brutto in die GKV. Und wer 8.000 im Monat hat, zahlt mit seinem Arbeitgeber zusammen nur 7,19 % in die GKV ein!

Dies wird das Hauptproblem des "Linken Bündnis" sein: Werden Sie einen Grundkonsens in der formalen u n d inhaltlichen Umgestaltung unseres Sozialversicherungssystems GKV finden? Denn wir müssen diese Flatrate- Philosophie ändern, mit der jede(r) ambulante, stationäre, diagnostische, konservative, operative und palliative Medizin beliebig oft abgreifen kann, ohne dass ärztliche Vernunft und Augenmaß, Empathie und Rational

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