Recht
Maas startet Reform des Maßregelvollzugs
Rund 6500 Menschen sitzen derzeit im psychiatrischen Maßregelvollzug. Jetzt handelt der Gesetzgeber.
Veröffentlicht:BERLIN. Für sechs Monate sollte Ilona Haslbauer ins Gefängnis, weil sie vor zehn Jahren eine Bekannte vorsätzlich mit einem Einkaufswagen gerammt haben soll. Im Berufungsverfahren erklärte ein Gutachter sie für gemeingefährlich.
Haslbauer verschwand daraufhin bis 2014 im psychiatrischen Maßregelvollzug. Noch mehr Aufsehen hat der Fall Gustl Mollath erregt. Auch er verbrachte Jahre in einer psychiatrischen Klinik. Zu Unrecht, wie eine Richterin im vorigen Jahre feststellte.
Solche Justizirrtümer soll es künftig möglichst nicht mehr geben. Eine Gesetzesnovelle von Justizminister Heiko Maas sieht eine Verschärfung der Voraussetzungen für die Einweisung in eine psychiatrische Klinik vor.
Bessere Gutachter gefordert
Diese soll nur noch möglich sein, wenn ein Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt worden sei oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet werde. Und auf Menschen, die aufgrund ihres Verhaltens erwarten lassen, dass sie straffällig werden, heißt es in dem Referentenentwurf, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.
Zudem fordert der Gesetzgeber bessere Gutachter, die auch häufiger wechseln sollen. Nur noch Ärzte und psychologische Sachverständige, die über "forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen" sollen über eine Einweisung befinden dürfen.
Gutachten sollen in schnellerer Folge als bisher nurmehr die Gerichte in Auftrag geben können, nicht mehr die Kliniken selbst.
Die DGPPN bezeichnete die vorgeschlagenen Änderungen als wichtig, sieht aber noch Änderungsbedarf. So sollten bundesweit die gleichen Regeln für den Maßregelvollzug gelten, heißt es in einer DGPPN-Stellungnahme zum Gesetzentwurf.
So sei unter anderem die in den Ländern unterschiedliche Personalausstattung anzugleichen.
Grundsätzlich solle der Gesetzgeber zudem die überholten und stigmatisierenden Begriffe des "Schwachsinns" und der "schweren anderen seelischen Abartigkeit" überarbeiten, empfiehlt die DGPPN. (af)