Mechthild Bach: Ein tragischer Tod und viele ungeklärte Fragen
Nach dem Suizid der wegen Totschlags angeklagten Ärztin Mechthild Bach bleiben vor allem auch mit Blick auf die Gabe von Schmerzmitteln für schwerstkranke Menschen viele Fragen. Doch die Akten werden geschlossen.
Veröffentlicht:HANNOVER. Nachdem die des mehrfachen Totschlags angeklagte Internistin Dr. Mechthild Bach sich umgebracht hat, werden die Umstände im Dunkeln bleiben, unter denen 13 ihrer Patienten gestorben sind.
Mit Bachs Tod werden auch die Anklagen nicht weiterverfolgt und die Aktendeckel geschlossen, erklärten übereinstimmend Bachs Anwalt Matthias Waldraff und die Staatsanwaltschaft Hannover.
Damit lässt der bisher größte deutsche Medizinerprozess für Ärzte und Patienten viele Fragen offen.
Schmerzmittelgaben - ein ungeklärtes Thema
Dass in dem Prozess gegen Bach die Fragen der Schmerzmittelgaben letztlich nicht geklärt werden konnten, verunsichert viele niedergelassene Ärzte.
Dr. Alfred Simon, Geschäftsführer der Göttinger Akademie für Ethik in der Medizin, sagte, dass die Klärung der Fragen um die Patienten der Ärztin auch für Hausärzte wichtig gewesen wären.
"Gerade Ärzte im niedergelassenen Bereich und besonders Hausärzte können in ihrer Arbeit nicht auf kollegiale Ethikberatungen, wie sie in vielen Kliniken möglich ist, zurückgreifen", so Simon.
Wesentlich bei der Ethikberatung sei die gemeinsame Besprechung und Entscheidung. "Hausärzte dagegen sind oft gezwungen, einsame Entscheidungen zu treffen", sagte er.
Hier wären entsprechende Qualitätszirkel oder der Kontakt zu Teams der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) das Mittel der Wahl.
Auch der Göttinger Palliativmediziner Professor Friedemann Nauck bedauerte, dass die Bach-Akten geschlossen werden. "Für den Bereich der Palliativ- und Schmerzmedizin ist dieser Umstand äußerst problematisch", so Nauck.
"Mancher Arzt wird jetzt womöglich sagen: Bloß nicht zu viele Schmerzmittel!" Sterbende müssen sich darauf verlassen können, dass sie eine qualifizierte Therapie erhalten. "Dann sterben auch keine Patienten frühzeitig", so Nauck.
Auch Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, sagte: "Sterbenskranke Patienten brauchen medizinische und pflegerische Professionalität, standardisierte Behandlung und ein Höchstmaß an Transparenz."
Die Klärung der Fragen um Frau Bach hätte der Palliativmedizin dienen können. Brysch zitierte eine Studie der Uni Bochum vom letzten Jahr.
"In 78 Prozent der insgesamt 780 ausgewerteten Palliativfälle wurden Maßnahmen eingeleitet, die das Leben der Patienten möglicherweise verkürzten. Bei acht Prozent wurden die Patienten nicht über die mögliche Lebensverkürzung informiert, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt selbstbestimmungsfähig waren."
Appell an die Fachgesellschafen
"Wir erwarten, dass nach klaren nachvollziehbaren Standards behandelt wird, und dass diese Standards so kommuniziert werden, dass Laien sie verstehen. Hier sind die Fachgesellschaften gefragt", sagte Brysch.
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