Palliativmedizin

Nicht-onkologische Patienten haben das Nachsehen

Bei nicht-onkologischen Patienten wird der Bedarf an Palliativmedizin oft zu spät erkannt. Der Bedarf sollte daher nicht an die Diagnose geknüpft sein, so eine Expertin.

Veröffentlicht:
Bisher erhalten überwiegend Patienten mit Krebs eine palliativmedizinische Betreuung.

Bisher erhalten überwiegend Patienten mit Krebs eine palliativmedizinische Betreuung.

© Kinderhospiz Sternenbrücke

Patienten mit nicht-onkologischen Erkrankungen haben noch selten Zugang zu palliativmedizinischer Versorgung. Darauf hat Professorin Claudia Bausewein, Leiterin der Klinik für Palliativmedizin der Ludwig Maximilians Universität München, beim 120. DGIM-Kongress in Wiesbaden am Samstag hingewiesen. So würde der Bedarf an palliativmedizinischer Betreuung überwiegend anhand onkologischer Patienten geschätzt.

"Jeder Vierte stirbt an Krebs. Das heißt umgekehrt aber auch: Drei von vier sterben an anderen Erkrankungen", erläuterte Bausewein. Überschlagen hätten etwa zwei Prozent der Bevölkerung einen Bedarf an palliativmedizinischen Leistungen, davon seien rund 80 Prozent Patienten, die nicht an Krebs leiden.

Die Zahlen hätten sich aber in den vergangenen Jahren langsam positiv entwickelt: Den HOPE-Daten zufolge ist der Anteil nicht-onkologischer Patienten in der Palliativversorgung von 3,5 Prozent zwischen 2002 und 2005 auf 8,1 Prozent (2007-2011) gestiegen.

Ein Grund, warum nicht-onkologische Patienten bei der Palliativversorgung meist noch durchs Netz fallen, sei, dass sich die Prognose oft nicht so genau abschätzen lasse. Bausewein erinnerte daran, dass sich der Zustand von Krebspatienten vor allem in den letzten zwei bis drei Monaten sehr rasch verschlechtert, sodass zu diesem Zeitpunkt eine palliativmedizinische Betreuung relativ klar angezeigt sei.

Bedarf der Patienten regelmäßig erfassen

Im Vergleich bauten Patienten mit Herz-Lungen-Erkrankungen, etwa COPD, langsam, aber kontinuierlich ab, immer wieder unterbrochen von Phasen der Exazerbation, in denen es zu einer zeitweisen rapiden Verschlechterung komme.

Ärzte könnten aber nicht vorhersehen, welche Exazerbation letztlich zum Tod führe, so Bausewein. Daher werde der palliativmedizinische Bedarf meist zu spät erkannt.

Sie plädierte deshalb dafür, den Beginn palliativmedizinischer Maßnahmen nicht an Diagnose oder Prognose festzumachen, sondern an den Bedürfnissen der Patienten. COPD-Patienten litten etwa schon zwei bis drei Jahre vor ihrem Lebensende an Atemnot. Palliativmedizin könne hier helfen, die Beschwerden zu lindern.

"Die Palliativversorgung muss aber parallel zur kausalen Behandlung erfolgen und sollte zeitweise intensiviert werden, wenn dies aus Sicht des Patienten nötig ist", sagte Bausewein. Um sich an den Bedürfnissen orientieren zu können, müssten diese aber regelmäßig erfasst werden.

Dafür sei es zudem nötig, Fachärzte anderer Disziplinen für die rechtzeitige palliativmedizinische Versorgung zu sensibilisieren, fordert sie. Nur so könnten nicht-onkologische Patienten mit palliativmedizinischem Bedarf rechtzeitig erkannt werden. Darüber hinaus sei eine stärkere Vernetzung auch in der Versorgung dieser Patienten nötig. (jvb)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken