Nordrhein
Notdienstreform versucht Quadratur des Kreises
Geringere und homogene Dienstbelastung, weniger Notdienstpraxen, neue fachärztliche Notdienstpraxen: In Nordrhein soll ein Simulationsmodell alle diese Anforderungen abbilden. Die KV-Vertreter sind skeptisch.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. In der KV Nordrhein (KVNo) nimmt das Konzept für die Reform des ärztlichen Notfalldienstes Gestalt an. Der Notdienstausschuss der Vertreterversammlung (VV) hat ein Simulationsmodell entwickelt, das jetzt mit den Kreisstellen abgestimmt werden soll.
"Unser Ziel ist die angemessene Berücksichtigung lokaler Besonderheiten", sagte die Ausschussvorsitzende Dr. Heidemarie Pankow-Culot auf der VV in Düsseldorf. Nach den Vorstellungen des Ausschusses könnte es in Nordrhein künftig 42 Notdienstpraxen statt der bisherigen 61 geben.
Gleichzeitig sollen fachärztliche Notdienstpraxen für Kinder-, Augen- und HNO-Ärzte neu geschaffen werden. Die Zahl der Wagen für den Fahrdienst könnte von 111 auf 45 sinken.
Die Dienstbelastung der Ärzte soll möglichst homogen sein, so Pankow-Culot. Nach dem Beschluss der VV vom Juni liegt die Obergrenze bei 50 Stunden und acht Pflichtdiensten pro Jahr.
Nur KV oder KV-Tochter als Betreiber?
Der Vorstellung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums, dass die Praxen künftig nur noch von der KVNo selbst oder ihrer Tochtergesellschaft GMG Gesundheitsmanagementgesellschaft betrieben werden sollen, will der Ausschuss nicht folgen. "Auf Wunsch der Ärzteschaft muss es auch möglich sein, Notfalldienstpraxen durch Vereine zu betreiben", betonte sie.
Zurzeit gebe es in den Praxen eine sehr unterschiedliche Inanspruchnahme, berichtete Dr. Ludger Wollring vom Notdienstausschuss. Um das auszugleichen, müssten künftig Faktoren wie die Einwohnerzahl, die zu versorgende Fläche, die Entfernungen und die Erreichbarkeit berücksichtigt werden.
Dafür hat der Ausschuss ein Rechenmodell entwickeln lassen, das Wollring der VV präsentierte - das aber in der Präsentation eigentlich keiner erkennen, geschweige denn nachvollziehen konnte. Entsprechend groß war der Unmut einiger Delegierter.
Suche nach mathematischer Formel
"Es ging uns darum, eine mathematische Regel zu finden, damit wir alle ungefähr gleich aufstellen können", erläuterte Wollring. Die VV folgte dem Antrag des Ausschusses, dass bei der Planung des Notfalldienstes einheitliche Korrekturfaktoren angewendet werden.
Die Delegierten gaben den Ausschussmitgliedern auch den Auftrag, den Kreisstellen ein Simulationsmodell für die allgemeinen ärztlichen Notdienstpraxen vorzulegen und um Stellungnahme zu bitten. Das vorgestellte Konzept sei vorläufig, betonte Pankow-Culot. "Es gibt noch viel Diskussionsbedarf."
Das zeigte sich während der VV. Zwar erhielten die Ausschussmitglieder viel Lob für die viele Arbeit, die sie in die Entwicklung des Konzepts und die Diskussion mit Ärzten vor Ort gesteckt haben.
Gerade von Seiten des nordrheinischen Hausärzteverbands kam aber auch Kritik. "Wir können uns einen fachärztlichen Notdienst nicht leisten", sagte der Verbandsvorsitzende Dr. Dirk Mecking. Bislang habe der allgemeine ärztliche Notdienst etwa im Kreis Euskirchen kinderärztliche und HNO-Notfälle problemlos mitversorgt, sagte Dr. Andreas Marian.
Es sei notwendig, die Zahl der Notdienstpraxen auf das Maß des Erforderlichen zu begrenzen, betonte Hausarzt Dr. Jens Wasserberg. Dabei könne man es sicher nicht allen Recht machen.
"Wir brauchen dabei maximale Glaubwürdigkeit." Sie sei aber nicht gegeben, wenn auf der einen Seite die Zahl der Praxen heruntergefahren wird, auf der anderen Seite neue Angebote geschaffen würden.
Seit 2003 wird der Notfalldienst in Nordrhein über die Arztrufzentrale in Nordrhein koordiniert. Bei ihr gehen sämtliche Anrufe von Patienten ein. Seit Anfang 2011 nutzt auch die KV Westfalen-Lippe die Duisburger Zentrale für ihren Notfalldienst.