Kronberger Kreis
Ökonomen fordern: Klinikstrukturen grundlegend ändern!
Die „Stiftung Marktwirtschaft“ schaltet sich in die Reformdebatte um Deutschlands Kliniken ein. Zwei Forderungen der Wissenschaftler: ein neues Finanzierungskonzept und mehr Mut zum Markt.
Veröffentlicht:Berlin. Führende Ökonomen in Deutschland haben sich für einen grundlegenden Umbau der Krankenhausstrukturen ausgesprochen. Nötig seien dafür mehr Wettbewerb und eine monistische Finanzierung, heißt es in einer am Montag vorgestellten Studie des wissenschaftlichen Beirats der „Stiftung Marktwirtschaft“. Dem Kronberger Kreis gehört auch der Präsident des Münchner ifo Instituts, Professor Clemens Fuest, an.
Die Tatsache, dass die stationäre Versorgung in Deutschland den Belastungen in der Corona-Pandemie im internationalen Vergleich vergleichsweise gut standgehalten habe, sei leider nicht auf „vorausschauende Planung“ und effiziente Strukturen zurückzuführen, betonte der Freiburger Wirtschaftsprofessor Lars P. Feld.
Stattdessen sei die hiesige Kliniklandschaft „hochgradig reformbedürftig“, betonte der Sprecher des Kronberger Kreises. Fehlanreize bei Planung, Finanzierung und beim Wettbewerb führten dazu, dass zu viele Betten und kleine Häuser gäbe und Investitionen zu gering ausfielen.
Mittelweg zwischen Regulierung und Wettbewerb
Um die Krankenhausversorgung effizienter zu gestalten, brauche es einen Mittelweg „zwischen Regulierung und Wettbewerb“, stellte die Berliner Juristin Professor Heike Schweitzer fest.
Die Krankenhausplanung solle sich „strikt“ darauf beschränken, Eckpfeiler einer Mindest- und womöglich Höchstversorgung festzulegen. Unter Berücksichtigung lokaler Besonderheiten habe dies idealerweise auf Bundesebene zu geschehen. „Über die Ausgestaltung der Krankenhausversorgung im Übrigen sollte der Wettbewerb entscheiden – vor allem dort, wo keine Versorgungslücken auftreten“.
Kritisch sieht der Kronberger Kreis die duale Finanzierung. Dieses Prinzip, wonach die Länder für die Investitionskosten und die Kassen für die Betriebskosten aufkommen, trage entscheidend zur Fehlversorgung bei, sagte der Karlsruher Finanzwissenschaftler Professor Berthold Wigger.
Da die Länder ihrer Verantwortung bei den Investitionen nur unzureichend nachkämen, versuchten die Krankenhäuser mit zusätzlichen Fallzahlen Deckungsbeiträge zu generieren, um die Lücken zu schließen. Das wiederum löse Anreize aus, viele Betten vorzuhalten und die Kosten der Pflege am Bett möglichst gering zu halten, so Wigger.
Kassen sollen Patientenströme stärker lenken
Deutschland solle daher einen Schwenk hin zur monistischen Finanzierung vollziehen, wirbt der Kronberger Kreis. In diesem Fall lägen Betriebskosten und Investitionskosten in der Hand der Kassen. Letztere sollen nach den Vorstellungen der Expertenrunde aber nicht bloß zahlen, sondern auch mitbestimmen.
Mehr Preis- und Qualitätswettbewerb ließe sich etwa gewährleisten, wenn die Kassen größere Möglichkeiten hätten, die Krankenhauswahl der Versicherten zu beeinflussen. In gewissem Umfang sei das in Form von Selektivverträgen möglich. Dabei sollten die Kassen Versicherten Vorgaben machen, welche Krankenhäuser sie in Anspruch nehmen.
„Wettbewerb zwischen Krankenhäusern steigert nachweislich die Behandlungsqualität“, zeigte sich der Düsseldorfer Wettbewerbsökonom und frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Justus Haucap, überzeugt. Wichtiger Baustein beim Wettbewerbsschutz sei allerdings eine stärkere Fusionskontrolle.
Klinikreform auf der Reformagenda der Ampel
Die Ampel-Koalition hat sich eine Reform der Krankenhausstrukturen auf die Fahnen geschrieben. Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hat dazu eine Expertenkommission eingesetzt. Diese hat bereits erste Reformvorschläge vorgelegt – unter anderem zu Pauschalen für Tagesbehandlungen in Kliniken, also Eingriffe ohne Übernachtung des Patienten.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) will an diesem Mittwoch (12. Oktober) Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zur stationären Gesundheitsversorgung vorstellen. Dabei gehe es um flächendeckende Angebote, Terminschwierigkeiten und Fragen zur ambulanten Versorgung im Krankenhaus, teilte die DKG am Montag mit. (hom)