BVKJ-Herbstkongress

Pädiater fordern Zuckersteuer

Pädiater fühlen sich bei der Adipositasprävention häufig machtlos. Das wurde beim Herbstkongress des Berufsverbandes deutlich.

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BAD ORB. Die niedergelassenen Ärzte laufen in vielen Fällen bei ihrer präventiven Arbeit einem "abgefahrenen Zug" hinterher, der nicht mehr aufzuhalten ist. Professor Klaus-Michael Keller, wissenschaftlicher Leiter des 44. Herbstkongresses des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Bad Orb machte dieses Dilemma am Beispiel der Adipositasprävention deutlich.

Hier seien die Erfolge derart marginal, dass die Grenzen der pädiatrischen Möglichkeiten offenkundig würden. So schränkten einerseits Autos, Rolltreppen, Aufzüge, Fernsehen und Computer den Bewegungsdrang der Kinder und Eltern zunehmend ein. Andererseits gebe es heute süße Getränke, Fastfood oder "ambulante Restaurants in Hülle und Fülle".

Auch der Boom an fettarmen, aber zum Teil sehr kohlenhydratreichen Light-Produkten könne an diesem Trend nicht grundsätzlich etwas ändern. Keller forderte daher erneut die Einführung der viel diskutierten Zuckersteuer auf Colagetränke, Eistees und Energydrinks, mit der seiner Ansicht nach Süßgetränke pro Liter mit zu bis zu 30 Cent belegt werden sollten.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO empfahl am Dienstag zum Welt-Adipositas-Tag eine solche Steuer von mindestens 20 Prozent.

Erfahrungswerte gibt es aus den USA: In Bezirken, in denen eine solche Steuer bereits erhoben wird, sank der Konsum süßer Getränke im ersten Jahr um 21 Prozent. Als Vergleich für Deutschland zieht Keller die Tabakprävention heran: vor allem durch Rauchverbote in Gaststätten und die Verteuerung von Zigaretten sei man dabei erfolgreich gewesen.

Erhebliche Präventionsdefizite sieht BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach dagegen bei den rund 10.000 Kindern pro Jahr, die mit dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS) oder Fetalen Alkoholspektrum Störungen (FASD) geboren werden.

Diese Krankheitsbilder zählten inzwischen in Deutschland zu den "häufigsten angeborenen Krankheiten." Vielen Ärzten fehle aber das Wissen, sie zu diagnostizieren, zumal es zu wenige spezialisierte Diagnose-Zentren gebe.

Da FAS häufig zu spät erkannt werde, setze die Frühförderung der betroffenen Kinder zu spät ein. Fischbach kündigte an, dieses Thema im Jahr 2017 unter dem Motto "Jeder Schluck schadet dem ungeborenen Kind" in enger Kooperation mit der Drogenbeauftragten des Bundes, Marlene Mortler, in den Fokus zu rücken. (ras)

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