Schutzmaßnahmen im Herbst

Pädiater kritisieren geplante Corona-Attestpflicht in Schulen

In einem Brief an den Gesundheitsausschuss weisen Kinder- und Jugendärzte auf eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen in Schulen hin. Die Änderung komme still und leise daher, habe es aber in sich. In der Ampel gibt es aber wohl Bewegung in der Sache.

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Genesen? Ein negativer Antigen-Test allein soll laut den Ampel-Plänen nicht ausreichen, damit Kinder nach einer Corona-Infektion wieder in Kita oder Schule gehen können. Sie brauchen eine Bescheinigung von einer Ärztin oder einem Arzt, dass die Erkrankung überwunden ist.

Genesen? Ein negativer Antigen-Test allein soll laut den Ampel-Plänen nicht ausreichen, damit Kinder nach einer Corona-Infektion wieder in Kita oder Schule gehen können. Sie brauchen eine Bescheinigung von einer Ärztin oder einem Arzt, dass die Erkrankung überwunden ist.

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Berlin. Kinder- und Jugendärzte haben die Koalition zu Änderungen am geplanten neuen Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgerufen. „Als Berufsverband machen wir uns große Sorgen um die Auswirkungen der für den Herbst und Winter geplanten Corona-Maßnahmen auf Kinder und Jugendliche“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach.

Die meisten der im IfSG enthaltenen Schutzmaßnahmen laufen in Kürze aus. Die Koalition hat daher ein Konzept für neue Maßnahmen ab 1. Oktober vorgelegt. Das Konzept soll am Donnerstag (8. September) vom Bundestag beschlossen werden. Zustimmen muss auch die Länderkammer.

Ampel ringt um Corona-Fahrplan

Die Regierungspläne enthält Masken- und Testpflichten für Krankenhäuser und Pflegeheime, ferner eine umstrittene FFP2-Maskenpflicht in Fernzügen oder Fliegern. Die Pläne berühren aber auch den Alltag in Kitas und Schulen.

Schulschließungen hatten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) zwar ausgeschlossen. Die Pädiater äußern dennoch erhebliche Bedenken an den Corona-Plänen.

Als „besonders besorgniserregend“ stufte Fischbach die vorgesehene Erweiterung eines Katalogs von Erkrankungen nach Paragraf 34 IfSG ein. In diesem Katalog solle – außer Masern, Mumps, Pest, Cholera und anderen Infektionskrankheiten – künftig auch COVID-19 aufgeführt sein. Auf den ersten Blick wirke die Sache harmlos. Bei näherer Betrachtung hätte es die geplante Regelung aber „in sich“.

Zugang nur bei ärztlichem Attest

Bestehe der Verdacht, dass ein Kind an COVID-19 erkrankt sei, solle es die Schule oder Kita so lange nicht besuchen dürfen, bis die Eltern ein Attest des Arztes beibringen, das Corona ausschließe. „Was einen Verdachtsfall darstellt, ist nicht geregelt. Das heißt, ein Kind wird unter Umständen auch im Falle einer banalen, aber verdächtigen Erkältung so lange nicht in Kita oder Schule gehen können, bis Corona ausgeschlossen ist.“

Sei ein Kind an COVID-19 erkrankt gewesen und bestätige ein negativer Antigen-Test, dass die Erkrankung überwunden sei, solle auch dies laut Ampel-Plänen nicht mehr ausreichen. „Das Kind kann dann nicht wieder in die Schule oder den Kindergarten gehen, sondern bedarf künftig hierfür zusätzlich einer ärztlichen Bestätigung“, so Fischbach.

„Sachlage, die Ihr Eingreifen erfordert“

Eine solche „extreme Verschärfung der Rechtslage“ nach 30 Monaten Pandemie könne von keiner Seite ernsthaft gewünscht sein, betonte der Pädiater aus Solingen. Der BVKJ habe die Abgeordneten des Gesundheitsausschusses angeschrieben und sie zum „Eingreifen“ aufgefordert.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek schaltete sich ebenfalls in die Debatte ein. Ein negativer Schnelltest müsse ausreichen, damit Kinder und Jugendliche wieder in Betreuungseinrichtungen oder Schule gehen könnten, sagte der CSU-Politiker am Wochenende. „Sonst droht durch diese unnötige Verschärfung Chaos.“

Holetschek: Es droht Chaos

Der Brandbrief der Kinder- und Jugendärzte zeige, wie ernst die Lage sei, so Holetschek. Er habe aber bereits erste Signale vernommen, dass der Bund in den Formulierungen nachschärfen wolle. Aus den Reihen der Kinderärzte hieß es ebenfalls, die Ampel wolle ihre Pläne zumindest teilweise nachjustieren.

Empört reagierte auch der Hamburger Virologe Professor Jonas Schmidt-Chanasit. Die Attestpflicht-Pläne seien „skandalös“, schrieb er per „Twitter“. „Was tun wir bloß unseren Kindern und Jugendlichen an?“

Problem inzwischen „geheilt“?

Der Online-Nachrichtendienst „Tagesspiegel Background“ berichtet unterdessen – ebenfalls via „Twitter“ –, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, habe erklärt, der von den Kinderärzten kritisierte Punkt sei inzwischen „geheilt“.

COVID-19 solle zwar weiterhin in Paragraf 34 des Infektionsschutzgesetzes aufgenommen werden. Es solle aber die Möglichkeit geben, den Verdacht auf eine Infektion durch Tests auszuschließen. (hom)

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