Offener Brief an die Ampelregierung
Pflege und mehr: Arbeiterwohlfahrt warnt vor „sozialen Kippunkten“
In einem Schreiben an die Bundesregierung fordert der Sozialverband Arbeiterwohlfahrt weitere Reformen in der Pflege. Die Ampel habe den Weg für Steuerzuschüsse freizumachen.
Veröffentlicht:Berlin. In einem offenen Brief an die Bundesregierung hat der Sozialverband Arbeiterwohlfahrt unter anderem zu weiteren Reformen in der Pflege aufgerufen. So müsse die Ampel die Empfehlungen des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf umsetzen, was etwa bedeute, ein Familienpflegegeld einzuführen und die Möglichkeiten der Familienpflegezeit auszuweiten.
Zudem brauche es Steuerzuschüsse für die soziale Pflegeversicherung, um diese von Kosten gesellschaftlicher Aufgaben zu entlasten. Dazu gehöre etwa die Deckung der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige über den Bundeshaushalt. Der Brief ist auch an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) adressiert. Die aktuelle Pflegereform der Ampel – das Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (PUEG) – sieht keine zusätzlichen Steuerzuschüsse vor.
„Ein in der Nabelschau verfangenes Regieren“
Die Arbeiterwohlfahrt warnt in ihrem Brief, dass angesichts zunehmender gesellschaftlicher Schieflagen „soziale Kipppunkte“ überschritten werden könnten. „Ein in der politischen Nabelschau verfangenes Regieren, das den Druck auf große Teile der Bevölkerung nicht sehen will, ist in höchstem Maße demokratiegefährdend“, heißt es in dem von den AWO-Präsidenten Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß unterzeichneten Schreiben.
Der Wohlfahrtsverband mahnt darin, dass die unter Druck stehende soziale Infrastruktur die Folgen steigender Armut und Einsamkeit nicht mehr abfedern könne. Die im Koalitionsvertrag versprochenen Vorhaben für mehr soziale Gerechtigkeit seien nur teilweise oder gar nicht umgesetzt worden. Statt auf Sparzwänge und Schuldenbremse zu verweisen, müsse sich die Politik an der sozialen Wirklichkeit ausrichten.
Der Brief wurde zum Auftakt der Kampagne „Zuhören. Verstehen. Helfen. Für mehr Zusammenhalt – Raus aus Einsamkeit und Armut!“ verschickt. Im Rahmen der Kampagne wollen die AWO-Präsidenten über die Sommermonate soziale Einrichtungen und Projekte des Verbands besuchen, um Bedarfe zu ermitteln und daraus Forderungen an die Politik abzuleiten. (hom)