Altenheime
Pflegerat gegen Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte
Die Debatte um eine Impfpflicht für Pflegebeschäftigte ist zurück: Die Chefin des Deutschen Pflegerats Vogler warnt davor. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Westerfellhaus ist ebenfalls dagegen.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Corona-Ausbrüche in Seniorenheimen haben die Diskussion um eine Impfpflicht für Pflegekräfte erneut befeuert. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, sprach sich gegen einen solchen Schritt aus. „Eine Zwangsimpfung wäre hochproblematisch und würde nur Gegenwehr auslösen“, sagte Vogler der „Ärzte Zeitung“ am Mittwoch.
Die überwiegende Zahl der Fachkräfte in Pflegeheimen und bei Pflegediensten sei gegen COVID geimpft, betonte Vogler. Das berichteten ihr auch etliche Pflegedienstleitungen.
Bei den Assistenz- und Aushilfskräften sehe die Situation anders aus. Hier schwankten die Impfquoten. „Das alles wird nicht differenziert genug dargestellt, und das ärgert uns sehr.“ Vogler verwies auf Personalvorgaben für Altenheime, wonach teils nur bis zu 50 Prozent der Beschäftigten dort Fachkräfte sein müssen.
Die Pflegearbeitgeber rief Vogler dazu auf, stärker über die Impfung aufzuklären. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung müsse deutlich mehr tun, um „adressatengerecht“ zu informieren.
Spahn: Frage, was löst das aus, wiegt schwer
Auch der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich skeptisch. Es gebe bereits „viel Spannung im Land rund um das Thema Impfen“, sagte Spahn am Mittwoch im Haus der Bundespressekonferenz. Teils dürften Ärzte dem Ehepartner des behandelten Patienten nicht erzählen, dass der geimpft worden sei, „weil das zu Hause ziemlich viel Stress gibt“, berichtete Spahn aus Gesprächen.
Seine „echte Sorge“ sei daher, dass solche Spannungen mit Einführung einer Impfpflicht zunähmen. Auch könne es passieren, dass sich Pflegebeschäftigte dann nicht impfen ließen, sondern „weg sind“, sprich den Beruf verließen. „Dann haben wir ein Problem.“
Es gebe zwar eine „moralische Pflicht“ für Pflegekräfte, sich impfen zu lassen, betonte Spahn. „Aber bei mir wiegt die Frage, was löst das aus – gesellschaftlich und bei den Einzelnen – weiterhin sehr, sehr stark.“
Westerfellhaus: Null Verständnis!
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Dr. Andreas Westerfellhaus, sprach sich ebenfalls gegen eine Impfpflicht aus. Der jüngste Ausbruch in einem Seniorenheim in Brandenburg lasse ihn fassungslos zurück, sagte Westerfellhaus im „Deutschlandfunk“ am Mittwoch. Eine Impfpflicht könne aber eine Verweigerungshaltung bewirken und in verstärkten Krankschreibungen münden.
Er habe gleichwohl „null“ Verständnis, wenn sich Pflegekräfte nicht impfen ließen und so auch die Gesundheit von Schutzbedürftigen riskierten, so Westerfellhaus. Dies zöge die gesamte Branche in ein schlechtes Licht.
In dem betreffenden Heim in Brandenburg waren Berichten zufolge elf Bewohner nach einem Corona-Ausbruch gestorben. Die Impfquote der Mitarbeiter in der Einrichtung habe bei etwa 50 Prozent gelegen, hieß es.
Der Chef des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, erklärte, wer nicht geimpft sei, könne und solle nicht im Pflegeheim arbeiten. Die Regierung habe eine Impfpflicht ausgeschlossen. „Das halte ich für den größten Fehler in der Corona-Politik neben den mangelnden Tests in den Heimen zu Beginn der Pandemie“, sagte Weigeldt der „Wirtschaftswoche“ am Dienstag.
Gassen: Frage des Selbstverständnisses
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen, hatte betont, grundsätzlich sei die Impfentscheidung freiwillig. Er halte es aber für problematisch, wenn Personal in Pflegeheimen nicht geimpft sei. „Das ist auch eine Frage des Selbstverständnisses“, hatte Gassen am Dienstag bei einer Pressekonferenz zu Booster-Impfungen erklärt.
Er werbe daher „dringend“ dafür, dass sich alle Beschäftigten, „die im weitesten Sinne mit kranken- und pflegebedürftigen Menschen zu tun haben, auf jeden Fall grundimmunisieren und bei Bedarf auch boostern lassen“. (hom)