Vertragsärzte und Pflegeheime
Pflicht zur engeren Zusammenarbeit geplant
Der demografische Wandel bringt es mit sich. Immer mehr Pflegebedürftige brauchen ärztlichen Beistand. Der Gesetzgeber versucht, Hilfen per Gesetz zu organisieren.
Veröffentlicht:BERLIN. Deutschland wird älter. Damit steigt potenziell auch die Zahl pflegebedürftiger Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen.
Gerade in Heimen ist die fachärztliche Versorgung aber auch heute schon schwach.
Auf die Schwächen der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Pflegeeinrichtungen haben Fachleute bei einer von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gemeinsam mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundesgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ausgerichteten Tagung am Montag in Berlin hingewiesen.
Der regelmäßige Kontakt zu Fachärzten sei für Heimbewohner essenziell, aber nicht immer gewährleistet, sagte Dr. Ulrich Orlowski, Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium.
Pflegebedürftige meist auf Hausbesuche angewiesen
An Feiertagen und vor Wochenenden komme es zu Drehtüreffekten zwischen Pflegeeinrichtungen und Kliniken. "Der vertragsärztliche Notdienst wird dieser Fragestellung nicht immer gerecht", sagte Orlowski.
Pflegebedürftigkeit erschwere die Inanspruchnahme ambulanter Medizin, fuhr Orlowski fort. Nur drei Prozent der Pflegebedürftigen gingen selbstständig zum Arzt, 16 Prozent in Begleitung und 80 Prozent seien auf Hausbesuche angewiesen.
"Das ist eine Herausforderung für das System", sagte Orlowski. Das Zusammenwirken von ärztlicher und pflegerischer Versorgung werde zum Qualitätsmerkmal.
Im Entwurf des Hospiz- und Palliativgesetz, der am Mittwoch in Angela Merkels Ministerrunde zur Diskussion steht, werden Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Pflegeheimen stärker verpflichtend.
Orlowski berichtete, dass es bislang nur 239 solcher Versorgungsverträge zwischen niedergelassenen Ärzten und den 12.400 Pflegeheimen gebe.
Feldmann: Ein Drittel der Medizinstudenten müsste Hausarzt werden
Daran knüpfte Brigitte Döcker von der Freien Wohlfahrtspflege an. Die Koordination ärztlicher Leistungen in Heimen werde von den Pflegekräften organisiert.
Diese Leistungen honoriere die soziale Pflegeversicherung jedoch nicht. Zudem ziele die Gesetzgebung zu einseitig auf die Heimbewohner.
Auch die Versorgung in der häuslichen Pflege müsse aufgewertet werden, zum Beispiel durch Delegation. "Wir brauchen zukünftig eine eigenständige Ausübung der Pflege als Heilkunde", sagte Döcker.
In Deutschland müsse zunächst die Säule der hausärztlichen Versorgung gestärkt werden, hielt KBV-Vorstand Regina Feldmann dagegen. Ein Drittel der Medizinstudenten müsste Hausarzt werden, um auch in Zukunft die älter werdende Bevölkerung zu versorgen.
Der Kooperation zwischen Pflege und Medizin sowie der Koordination der Angebote komme immer mehr Bedeutung zu. Auch die pflegenden Angehörigen müssten einbezogen werden.
"Bringen Sie nicht nur mehr Therapie in die Pflege, sondern auch mehr Prävention", appellierte KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer an die anwesenden Bundestagsabgeordneten. Pflegebedürftige könnten oft die Verantwortung für die eigene Gesundheit, zum Beispiel die Mundhygiene, nicht mehr übernehmen.
Auch bei der Gesundheitsvorsorge bräuchten sie Hilfe. Die Kassen müssten das gesetzliche Versorgungsversprechen endlich auch in die Heime tragen.