Plasbergs bunte Truppe erklärt die Gesundheitswelt

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Mittwochabend im Ersten: Plasbergs bunte Truppe erklärt die Gesundheitswelt. © imago / Sven Simon

Mittwochabend im Ersten: Plasbergs bunte Truppe erklärt die Gesundheitswelt. © imago / Sven Simon

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Mittwochabend versammelt sich Deutschlands Ersatzparlament bei Frank Plasbergs "Hart aber fair". "Dammbruch bei den Kassenkosten - Bahn frei für die Klassenmedizin?" hieß das Debattenthema im Ersten. Die Podiumsbesetzung ließ eine muntere Unterhaltung erwarten, und die Protagonisten enttäuschten nicht. Zu Egoshootern wie Karl Lauterbach (SPD) gesellten sich professionelle Selbstvermarkter wie Frank Ulrich Montgomery (Bundesärztekammer), Daniel Bahr (BMG-Staatssekretär) und Jens Spahn (Gesundheitspolitischer Sprecher der Union) sowie ein stillerer Charakter wie Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbands.

Freiberufler mit steigendem "Bruttolohn"

Einige Sachfragen konnte die Runde zu Beginn noch klären. So müssen, erläuterte Pfeiffer, die Kassen bis Ende des Monats ihre Haushalte vorlegen - deshalb sind bei einigen eben jetzt Zusatzbeiträge fällig. Dann aber verlor sich das Podium in Nachhutgefechten über die Gesundheitsreform von 2007. Hatten nicht Union und - fast alle - SPD-Abgeordnete für die Reform gestimmt? Bahr attestierte der SPD "politische Demenz", Lauterbach verdammte Zusatzbeiträge erwartungsgemäß als sozial ungerecht.

Eines von Plasbergs Lieblingsthemen ist das Einkommen der Ärzte. Unbekümmert hantierte er mit statistischen Durchschnittswerten und schrieb Vertragsärzten einen "Bruttolohn" von 142 000 Euro zu -  eine Sprachgebung, die nur im durch Zwangsgebühren subventionierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen blühen kann. Lauterbach musste zerknirscht eingestehen, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für das Einkommen der Ärzte setzt, versuchte dann aber, gute Hausärzte (zu schlecht bezahlt) und schlechte Fachärzte (zu gut bezahlt) gegeneinander in Stellung zu bringen.

Was Avocado-Creme und Schweinegrippe eint

Kennzeichnend für Plasbergs TV-Talk ist, dass er in seinen Trailern oft Randaspekte in den Fokus stellt, die quer zum Hauptthema des Abends stehen. Unvergessen ist die Sendung über Schweinegrippe im September 2009, in der plötzlich eine Salbe aus Vitamin B12 und Avocado-Öl gepriesen wurde, die auf wundersame Weise Menschen mit Psoriasis und Neurodermitis heilen sollte (wir berichteten). Am Mittwoch ließ Plasberg IQWiG-Chef Peter Sawicki zu Wort kommen. Darin konnte der scheidende Instituts-Chef in einem mehrminütigen Interview seine Weltsicht - "die Pharmaindustrie beeinflusst alles" - darlegen.

Am Ende der 75 Minuten weiß der Zuschauer etwas über Ärzteeinkommen und Medikamentenpreise, über gesundheitspolitische Konzepte der Politiker gegen "Klassenmedizin" aber nichts. Plasberg kündigte eine eigene Sendung über das Kopfpauschalen-Konzept an, gute Unterhaltung ist garantiert. Florian Staeck

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Kommentare
Uwe Schneider 06.02.201011:26 Uhr

Nicht nur hart, sondern auch fair sein!

D.h. nicht immer nur auf die Anderen eindreschen. Mag sein, dass Herr Plasberg zu gerne auf Ärzte und sonstige Leistungserbringer im Gesundheitswesen "eindrischt". Aber die Gegenreaktionen sind auch nicht immer wirklich ausgewogen. Nehmen wir mal den Leserkommentar von Herrn Dr. Schotters:

ad 1) "Die Kassen mit ihren überbezahlten Mitarbeitern abschaffen"

Die durchschnittlichen Verwaltungskosten in der PKV liegen bei etwa 10 %; in der GKV sind''s 5 %. Kein Krankenkassenvorstand dürfte auch nur annähernd so viel verdienen wie die Chefs von Allianz, DKV & Co. Die durchschnittliche Beitragssteigerung in der PKV lag in den vergangenen Jahren über dem der GKV, da die PKV weniger Kostendämpfungsmöglichkeiten hat. Wie man dies auch immer aus ärztlicher Sicht beurteilen mag: auf die Kassen wegen des Zusatzbeitrages einzudreschen, die PKV-Unternehmen aber mit ihren Prämiensteigerungen davon kommen zu lassen - das ist nicht fair.

ad 2) "Moderne Gebührenordnung wie bei den Anwälten"

Haben Sie schon einmal mit einem Anwalt gesprochen, was er zum Vergütungsverzeichnis nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz meint? Die meisten dürften nicht begeistert sein. Für kleinere bis mittlere Fälle bekommt man hier meist kein Honorar, das den Aufwand einer qualitativ hochwertigen Bearbeitung abdeckt. Die Sätze enthalten seit Jahren nicht einmal einen Inflationsausgleich.

Die Vertragsärzte haben dagegen ab 2009 in Summe ein deutliches Plus bekommen (zugegeben mit regionalen und fachgruppenspezifischen Verwerfungen) und erhalten immerhin innerhalb der RLV ein festes Honorar nach dem Euro-EBM.

ad 3) "KVen abschaffen"

Keine KV, keine Kollektivverträge, kein Gesamthonorar, weniger Honorarsicherheit. Für manche Ärzte würde das sicher die Chance auf mehr Honorar bedeuten, für andere wird das sehr riskant werden. Möglicherweise richten die Kassen dann auch wieder eigene Ambulatorien mit angestellten Ärzten ein - viele Ärztinnen wird''s freuen.

Interessant auch, dass sich manch ein besonders "armer" Ärzte was die Inflation angeht primär an der Preissteigerung für einen Porsche orientiert. Was nicht heißt, dass ich ihm keinen Porsche gönnen würde. Aber wer sich einen Porsche leisten kann, der sollte nicht allzu laut jammern.

Dieter Döring 29.01.201016:56 Uhr

Frank Plasbergs "Hart aber fair". "Dammbruch bei den Kassenkosten -

Möchte mal wissen, wie Herr Plasberg auf das durchschnittliche Bruttoeinkommen von 142 000 Euro kommt? Ich, als durchschnittlicher Hausarzt, bekomme im Durchschnitt 42 Euro für einen Patienten pro Quartal. Meine Patientenzahl liegt im Durchschnitt bei 835 pro Quartal. Von diesem Geld gehen dann die gesamten Praxiskosten ab. Da meine Praxis extrem schlecht liegt habe ich dann noch fast keine Privatpatienten.
Die Sendung war für uns Ärzte nur schlimm.

Dr. Ludwig Rogg 28.01.201017:59 Uhr

Medikamentenvergleich

Simvastatin wurde mit Inegy verglichen.
Es wurde beim Vergleich allerdings vergessen, daß Inegy zusätzlich das teure Ezetimib mit enthält. Der Preisvergleich also völlig daneben
lag. Hat das die Pharmaindustrie nicht gemerkt oder gucken die so tendentielle Sendungen überhaupt nicht an?

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