Abruptio
Polen will härteres Abtreibungsrecht
Das ohnehin schon restriktive Abtreibungsgesetz in Polen soll noch weiter verschärft werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Parlament in erster Lesung gebilligt hat.
Veröffentlicht:Warschau. Das polnische Parlament hat in erster Lesung eine Verschärfung des bereits jetzt strengen Abtreibungsrechts gebilligt. Die Abgeordneten der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, der rechten Konfederacja sowie Teile der konservativen Bauernpartei stimmten am Donnerstag für einen Gesetzentwurf, den die Pro-Life-Organisation „Stiftung Leben und Familie“ ins Parlament eingebracht hatte.
Die Novelle sieht vor, die Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch wegen Missbildungen oder unheilbarer Krankheit des Kindes zu streichen. Auch ein weiterer Gesetzentwurf, der erhebliche rechtliche Hindernisse für Sexualaufklärung mit sich bringen könnte, fand die Zustimmung des Parlaments.
Missbildung kein Abbruchgrund mehr
Polen hat bereits eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Derzeit ist ein Abbruch legal, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, wenn sie Ergebnis einer Vergewaltigung ist oder wenn das Ungeborene schwere Fehlbildungen aufweist.
Dies ist bislang der häufigste Grund für eine Abtreibung, wie die Statistik des Gesundheitsministeriums zeigt. So wurden von den rund 1100 Abtreibungen, die 2018 in polnischen Kliniken durchgeführt wurden, 1050 mit Fehlbildungen des ungeborenen Kindes begründet.
Anfang der Woche hatten landesweit viele Frauen gegen eine weitere Verschärfung protestiert. Auch in der Parlamentsdebatte am Mittwoch ging es hoch her. „Die Wahl ist einfach: Bist Du für Mord oder gegen Mord“, sagte die Mitinitiatorin des Gesetzentwurfs, Kaja Godek, selbst Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom.
„Eine Frau muss in einer extremen Situation das Recht der Wahl haben“, entgegnete Malgorzata Kidawa-Blonska, Präsidentschaftskandidatin des größten Oppositionsbündnisses, der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO).
Sexualkunde bald unter Strafe?
Den zweiten umstrittenen Gesetzentwurf hatte die Bürgerinitiative „Stoppt Pädophilie“ eingebracht. Die Novelle sieht eine Ergänzung des Strafrechts vor: Wer als Erzieher, Pfleger oder Lehrer „Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen durch Minderjährige propagiert oder lobt“, muss demnach mit drei Jahren Gefängnis rechnen. Gegner der PiS befürchten, das Gesetz könne so ausgelegt werden, dass Sexualaufklärung strafrechtlich verfolgt wird.
„Was in den Schulen anderer Länder Bestandteil des Lehrplans ist, soll hier unter Strafe gestellt werden“, sagte die Abgeordnete Paulina Matysiak vom Linksbündnis Lewica.
Beide Projekte müssen nun noch in den Ausschüssen behandelt werden, bevor sie dem Parlament erneut vorgelegt werden. (dpa)