Kommentar zum Gesetz

Prävention auf dürren Beinen

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Geschafft! Nach mehrmaligen Anläufen von Vorgänger-Regierungen hat die große Koalition nun ein Präventionsgesetz auf die Beine gestellt - auf dürre Beine. Die Ursache dafür ist in der föderalen Politikstruktur der Bundesrepublik zu suchen.

Bislang waren Präventionsgesetze immer an der fehlenden Bereitschaft der Länder gescheitert, sich adäquat finanziell zu engagieren. Die Beschränkung auf ein jetzt zustimmungsfreies Gesetz hat natürlich zu einem Torso geführt.

Dennoch: Realpolitik ist Voranschreiten in kleinen Schritten. Bedenkt man, dass wesentliche Teile einer effektiven Präventionspolitik nicht Gegenstand der Gesundheits-, sondern vor allem der Bildungspolitik sind, dann kommt es wiederum auf die Länder an.

Ob die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung dafür die Blaupausen liefern wird und ob Kultusministerien und Schulen diese nutzen werden, ist möglich, aber keineswegs sicher.

In den vergangenen Monaten ist aber eines deutlich geworden: mit den Themen Ebola, Antibiotika-Resistenz, Masern-Epidemie in Berlin und der Debatte über eine effektivere Impfstrategie sind zentrale Herausforderungen der Präventionspolitik bei vielen Stakeholdern der Gesundheitspolitik angekommen.

Bleibt zu hoffen, dass dies nicht nur eine kurze Mode wird.

Lesen Sie dazu auch: Bundestag: Präventionsgesetz mit einigen Änderungen verabschiedet

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 28.06.201519:32 Uhr

Prävention noch gar nicht gehfähig!

Stakeholder (engl. Teilhaber) der Gesundheitspolitik haben m. E. nicht immer uneigennützig ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ergebnis von Präventions-Prozessen oder Präventions-Projekten. Zentrale Herausforderungen der Präventionspolitik mit Fehlernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel, Alkohol, Rauchen, Risikoverhalten (Renn-, Leistungs- und Extremsport, unfallträchtiges Fahren, Mutproben etc.) werden konterkariert durch das damit verbundene Steueraufkommen. Von einer Präventionsabgabe bei der Besteuerung von verkauften Lebens-, Genuss- und potenziellen Suchtmitteln wie Alkohol und Nikotin ist man noch meilenweit entfernt.

Selbst nach der Masernendemie in Berlin sind immer noch keine zentrale Impfstelle für Flüchtlinge, Asylbewerber und EU-Migranten implementiert, geschweige denn präventive Gesundheitsuntersuchungen zur Frühdetektion von übertragbaren Erkrankungen möglich gemacht worden.

Für alle denkbaren und möglichen Krankheiten gibt es keine gezielten Präventions-Programme. Denn die überwältigende Zahl von Krankheitsbildern lässt sich à priori gar nicht primärpräventiv begrenzen, weil sie altersabhängig ubiquitär unvermeidbar auftauchen, genetisch-hereditär, idiopathisch, essenziell, exogen oder endogen bedingt sind.

Tagtäglich praktizieren wir Ärzte e n t g e g e n der Ansicht medizin-bildungsferner Schichten Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Achtsamkeit, Respekt und Anerkennung gegenüber diesen Bemühungen lassen Krankenkassen, Politik, Medien und Öffentlichkeit schmerzlich vermissen. Doch es gibt keine ärztliche begründete Prävention zum Nulltarif!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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