Fehlendes Personal, steigende Kosten

Private Anbieter: Lauterbach muss auch Pflegeminister sein

Klare Botschaft an Lauterbach: Der Bundesgesundheitsminister dürfe nicht länger die Nöte der Altenpflege ignorieren, mahnt der Arbeitgeberverband Pflege. Der Sozialverband VdK ruft gar nach dem Kanzler. Der müsse Pflege zur Chefsache machen.

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Wachsender Bedarf stellt die Altenpflege vor viele Probleme. Anbieter und Betroffenenverbände verlangen von der Ampel daher Taten statt nur Worte.

Wachsender Bedarf stellt die Altenpflege vor viele Probleme. Anbieter und Betroffenenverbände verlangen von der Ampel daher Taten statt nur Worte.

© Qualit Design / stock.adobe.com

Berlin. Private Anbieter haben der Ampel fehlendes Engagement bei der Umsetzung der Pflegeziele im Koalitionsvertrag vorgeworfen. „Im ersten Jahr dieser Legislaturperiode hat das Thema Altenpflege nicht stattgefunden“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP), Thomas Greiner, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin.

Als ein Beispiel nannte Greiner die Ankündigung von SPD, Grünen und FDP, Überstunden von Pflegebeschäftigten steuerfrei zu stellen. „Da ist gar nichts passiert.“ Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dürfe nicht nur „Corona-Minister“ sein. „Er muss auch Pflege-Minister sein.“

„Fachkräftemangel gefährdet Versorgungssicherheit“

Besonders dringlich seien Lösungen für den Fachkräftemangel, so Greiner. „Wenn wir bei der Personalfrage keine Lösungen finden, dann ist die Versorgungssicherheit in der Altenpflege gefährdet.“ Die Lage stelle sich „wesentlich dramatischer da, als es rüberkommt“.

Ausbildungs- und Beschäftigtenzahlen seien seit Einführung der Pflegeversicherung vor gut 20 Jahren zwar stetig nach oben gegangen. Problem sei aber, dass der Bedarf an Fachkräften schneller wachse. Bis 2030 steige die Zahl der pflegebedürftigen Menschen auf insgesamt rund 6,1 Millionen. „Das sind nur noch acht Mal Sommer.“

Es brauche daher jetzt Antworten der Politik, wie sie die Personalnot lindern wolle. Hilfreich sei dafür auch ein „Pflegegipfel“, bei dem alle Probleme auf den Tisch kämen, schlug der AGVP-Chef vor.

Zu Wort meldete sich am Mittwoch auch der Sozialverband VdK. Verbands-Präsidentin Verena Bentele rief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, „Pflege zur Chefsache“ zu machen.

VdK: Pflegebedürftige fühlen sich im Stich gelassen

Die Pflegeversicherung müsse endlich für alle pflegebedingten Kosten aufkommen, reagierte Bentele auf aktuelle Berechnungen des Verbands der Ersatzkassen. Demnach liegen die Eigenanteile trotz der seit Januar 2022 geltenden Zuschläge der Pflegekassen weiter auf sehr hohem Niveau.

Immer mehr Heimbewohnern drohten deshalb in die Sozialhilfe abzugleiten, warnte Bentele. Auch Menschen, die zu Hause von Angehörigen und Pflegediensten betreut würden, fühlten sich von der Politik im Stich gelassen, sagte die VdK-Chefin. Der Sozialverband vertritt eigenen Angaben zufolge rund 2,1 Millionen Mitglieder.

Brysch: Immer noch kein Finanzkonzept für Pflege

„Die Bundesregierung muss akzeptieren, dass der gesamte Pflege-Eigenanteil jetzt endlich von der Pflegeversicherung zu tragen ist“, forderte auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Obwohl sich die Kostenlawine immer mehr aufbaut, habe Gesundheitsminister Lauterbach bislang kein Finanzierungskonzept vorgelegt. „Dabei geht es nicht um eine Vollversicherung.“

Lauterbach hatte zuletzt angekündigt, in der zweiten Jahreshälfte 2022 einen Entwurf zur künftigen Pflegefinanzierung vorlegen zu wollen. Kassen warnen schon jetzt vor stark steigenden Beiträgen von 0,3 bis 0,3 Prozentpunkten ab 2023. (hom)

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