Zusammenarbeit
Psychotherapeuten und Ärzte wollen gemeinsam marschieren
Bei der Vernetzung von Ärzten und Psychotherapeuten tut sich etwas. Die zunehmende Ambulantisierung erfordert Kooperation. Und mit dem Innovationsfonds tut sich möglicherweise eine Geldquelle auf.
Veröffentlicht:BERLIN. Die sich abzeichnende engere Zusammenarbeit von Psychotherapeuten, Psychiatern, Nerven- und Hausärzten sowie weiteren Berufsgruppen bekommt Unterstützung von prominenter Seite.
"Das ist ganz, ganz großes Kino", sagte der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Professor Josef Hecken bei einer Veranstaltung in Berlin.
Er bezog sich auf den aus der Vertragswerkstatt der KBV stammenden Vertragsentwurf zum Bundesmantelvertrag, mit dem die Zusammenarbeit von Psychotherapeuten und psychiatrisch tätigen Ärzten neu geordnet werden könnte.
Erstmals hätten sich damit psychotherapeutische und ärztliche Professionen auf eine Zusammenarbeit verständigt, die strukturierten Vorgaben folge.
Die Psychotherapeuten hätten die Sorge überwunden, mit zu großer Nähe zu den Psychiatern zu einem ärztlichen Hilfsberuf degradiert zu werden, sagte Hecken. Das Projekt diene der Patientensteuerung und könne Wartezeiten verkürzen.
Eine solche Kooperation sei ein Bespiel dafür, wie sich mit vergleichsweise wenig Geld aus dem im Aufbau befindlichen Innovationsfonds viel bewegen lasse. "Wir hätten hier ein sehr großes Projekt", sagte Hecken.
Da der Fonds aber nicht die Behandlungskosten an sich tragen müsse, sondern nur die Patientensteuerung und die Konsile der Ärzte und Psychotherapeuten rechne er mit drei, vier oder fünf Millionen Euro im Jahr, wenn das Projekt zunächst im Bereich einer KV ausgerollt werden würde.
Bei vielen psychischen Erkrankungen gehe es nicht um entweder Medikamente oder Psychotherapie, sondern um komplexe Behandlungen, die gut geplant und abgestimmt angegangen werden sollten, sagte die Vorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung, Dipl.-Psych. Barbara Lubisch, bei einem Symposium der Vereinigung in Berlin.
"Hierarchie aufzubauen, ist Blödsinn"
"Hier eine Hierarchie aufzubauen, ist Blödsinn", sagte Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender des Berufsverbandes der Nervenärzte (BVND). Ärzte und Psychotherapeuten seien wegen der fortschreitenden Ambulantisierung von Leistungen in der Pflicht.
Die Beteiligten müssten den Gedanken zulassen, dass ein Patient schneller gesunden könne, wenn der Neurologe und Psychiater ihn an den Psychotherapeuten abgebe und umgekehrt. Man müsse horizontal schauen, wer besser für eine Behandlung geeignet sei. Hausärzte könnten diese Aufgabe übernehmen.
In die gleiche Kerbe hieb auch Dr. Bernhard Gibis von der KBV. Die koordinierte Versorgung brauche einen Kümmerer.
"Wir müssen definieren, wo ein Patient sinnvoller behandelt werden und wer die Indikation stellen sollte", sagte auch vdek-Chefin Ulrike Elsner
Beispiele für Kooperation gibt es bereits. In Darmstadt ist ein Ärzte-Psychotherapeuten-Netz in der Versorgung von Borderline-Patienten aktiv.
Die Zusammenarbeit zeitigt Erfolge, auch im Sinne der der Kostenträger. Pro Patient und Jahr könnten im Vergleich zur stationären Versorgung etwa 1500 Euro gespart werden, berichtete der psychologische Psychotherapeut Hans Gunia. (af)