„Kommunikationsagentur“ statt Behörde
Regierung will BZgA neu ausrichten
Gesundheitsminister Jens Spahn will die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung umbauen, deren Arbeit in der Pandemie bisher seltsam blass bleibt. Sie soll reichweitenstark kommunizieren – und doch die Wissenschaftlichkeit nicht vernachlässigen.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll zu einer „zentralen Vertrauensinstanz“ in Gesundheitsfragen werden und sich „zu einer echten Kommunikationsagentur für alle Altersklassen“ entwickeln. Das teilt die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag mit. Bedenken, diese Neuausrichtung könne zu Lasten der wissenschaftlichen Ausrichtung der Behörde gehen, weist die Regierung zurück. „Wissenschaft und Forschung“ seien Grundvoraussetzungen für eine „erfolgreiche Aufgabenwahrnehmung der BZgA“, heißt es.
Doch die Vorbehalte hatte die Regierung mit ihrer Ausschreibung des Leitungspostens der Behörde selbst ausgelöst. In der Anzeige vom September 2020 hieß es, die BZgA benötige „ein Update“: „Im Auftreten, im Selbstverständnis, in der Kommunikation“. Aktuell ist ein Nachfolger für BZgA-Direktorin Professor Heidrun Thaiss, die zum 1. Februar das Haus verlässt, noch nicht gefunden. 15 Bewerbungen sind bisher eingegangen. Doch stattdessen wurde BZgA-Vize Professor Martin Dietrich kommissarisch zum Behördenleiter ernannt.
Die Leitungsposition sei künftig mit einem „starken kommunikativen Anforderungsprofil“ versehen. Zudem soll die 1967 gegründete Behörde eine „organisatorische Verschlankung und inhaltliche Neustrukturierung“ verpasst bekommen. „Mehr Flexibilität“ sei gefordert, damit die BZgA „auf aktuelle Anforderungen zeitnah reagieren“ könne.
Genau das haben Beobachter bei der Kölner Behörde in der Corona-Pandemie vermisst. „Die BZgA füllt ihre wichtige Funktion in der Krise nicht angemessen aus. Wesentliche Teile der Kampagnenarbeit übernimmt das Bundesgesundheitsministerium mittlerweile selbst“, kritisiert die Grünen-Gesundheitspolitikerin Dr. Kirsten Kappert-Gonther. Dem widerspricht die Regierung: Die BZgA sei von Anfang an „maßgeblich“ an Aufklärungs- und Info-Kampagnen beteiligt gewesen – als Beispiel wird die Dachkampagne „Zusammen gegen Corona“ genannt, die mit dem Robert Koch-Institut aufgelegt worden sei.
Tatsächlich attestieren Wissenschaftler im Kompetenznetz Public Health COVID-19 der BZgA „eine ausgeprägte Expertise bei der Durchführung von bevölkerungsweiten Kampagnen“. Allerdings stammt die letzte Evaluation der Arbeit der Behörde aus dem Jahr 2012 – eine Neubewertung sei derzeit nicht geplant.
Für die Grünen ist die inhaltliche Bestimmung des BZgA-Updates unklar. „Es ist zu bezweifeln, dass Verschlankung und Rationalisierung die richtigen Antworten auf die bestehenden Probleme sind“, sagt Kappert-Gonther. Sie fordert, am Ende des Prozesses müsse eine „politisch unabhängige und gut ausgestattete Public Health-Institution stehen“. (fst)