Geschäftsbericht des G-BA
Rekordwerte bei frühen Nutzenbewertungen
Im vergangenen Jahr hat der Gemeinsame Bundesausschuss 146 Beschlüsse zur Frühen Nutzenbewertung gefasst. So viele wie bislang noch nie.
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Sonderregelungen zur Pandemie haben dem Gemeinsamen Bundesausschuss in den vergangenen zwei Jahren viel zusätzliche Arbeit beschert.
© Svea Pietschmann / G-BA
Berlin. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im vergangenen Jahr 54 Beschlüsse zu Ausnahmeregelungen zur COVID-19-Pandemie getroffen. Das geht aus dem Geschäftsbericht des G-BA hervor, der am Montag veröffentlicht wurde. So wurden alle Sonderregelungen verlängert, die dazu beigetragen haben, unnötige direkte Arzt-Patienten-Kontakte zu reduzieren. Dazu zählt die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung, die Option von Klinikärzten, Patienten bis zu 14 Tage nach der Entlassung krankzuschreiben oder bestimmte Heilmittelbehandlungen per Video zu erbringen, wenn der Patient in der Praxis bekannt war. Kliniken wurde zudem ermöglicht, von Personalvorgaben und Mindestmengen unter bestimmten Umständen abzuweichen, um Personal flexibler einsetzen zu können.
Ausgebaut hat der G-BA die Disease-Management-Programme. So ist am 1. Oktober 2021 mit dem DMP Rheumatoide Arthritis bereits das zehnte Programm für chronisch Kranke am Start. Sobald die Verträge zwischen Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern dazu abgeschlossen sind, können sich Versicherte in das DMP einschreiben. In Arbeit ist ein DMP Adipositas. Hierzu sollen die spezifischen Behandlungsempfehlungen bis Ende Juli nächsten Jahres erstellt werden.
Mehr ASV, DMP und Zweitmeinung
Ebenso weiterentwickelt wurde die Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV). So wurden chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa neu in die ASV-Versorgung aufgenommen, beim Krankheitsbild „Tumoren des Gehirns und der peripheren Nerven“ hat der G-BA ermöglicht, dass nun auch ambulante Praxen in die ASV-Teams aufgenommen werden können. Insgesamt können sich derzeit zu 18 Krankheitsbildern ASV-Teams bilden.
Bei der Frühen Nutzenbewertungen hat es im vergangenen Jahr mit 146 Beschlüssen laut G-BA einen neuen Rekordwert gegeben. Fünfmal wurde neu zugelassenen Arzneimitteln ein erheblicher Zusatznutzen attestiert. Im Jahr 2021 verzeichnete der G-BA 128 Stunden Anhörungen mit 1685 teilnehmenden externen Personen. 292 Mal suchten Pharmafirmen in offiziellen gebührenpflichtigen Beratungsgesprächen den Austausch mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Ein Jahr zuvor waren es 259 Gespräche.
Etwa 100-mal war die Planung klinischer Studien Gesprächsthema. Das ist laut G-BA eine Steigerung von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Dies könnte darauf hinweisen, dass Hersteller vermehrt daran arbeiten, ihre Studiendesigns zu verbessern, um belastbare Daten für die spätere Nutzenbewertung zu generieren“, heißt es im Geschäftsbericht. Stark verkürzt wurden die Wartezeiten auf ein Beratungsgespräch. Mussten die Pharmafirmen im Jahr 2020 noch etwa acht Monate auf einen Termin warten, waren es im vergangenen Jahr nur noch drei Monate.
Ausgeweitet hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Möglichkeiten zum Einholen einer Zweitmeinung. Diese Option besteht nun auch für Eingriffe an der Wirbelsäule sowie Amputationen beim diabetischen Fuß. Damit besteht nun für sechs mengenauffällige planbare Eingriffe der Anspruch auf eine Zweitmeinung. Geplant sind auch Zweitmeinungsoptionen für Implantationen von Herzschrittmachern und Ablationen.
Mindestmengenvorgaben jetzt auch für Brust- und Lungenkrebsoperationen
Eingeführt wurden im vergangenen Jahr auch zwei weitere Mindestmengen: Für Brustkrebs- und Lungenkrebsoperationen. Beim Mamma-Ca wurde eine Mindestmenge von 100 Leistungen pro Standort und Jahr beschlossen. „Etwa 355 der bislang 732 Standorte werden die Mindestmenge voraussichtlich erreichen; nur dort darf Brustkrebs dann noch chirurgisch behandelt werden“, heißt es im Geschäftsbericht. Für Lungenkrebsoperationen wurde eine Mindestmenge von 75 Eingriffen beschlossen.
Zwar gelten für die Kliniken noch Übergangsregelungen, aber spätestens 2025 müssen die neuen Mindestmengen in voller Höhe erfüllt werden. Bei Operationen an der Bauchspeicheldrüse wurde die Mindestmenge von zehn auf 20 angehoben.
Veränderungen hat der G-BA im vergangenen Jahr auch bei der Bedarfsplanung beschlossen. So konnten 80 zusätzliche Stellen für Hausärztinnen und Hausärzte durch die Anpassung des Morbiditätsfaktors ausgewiesen werden. (chb)