SPD: Kein Spielraum für Beitragssatzsenkung

BERLIN (dpa). Die SPD hat sich gegen niedrigere Krankenkassenbeiträge ausgesprochen. "Eine Beitragssatzsenkung in der gesetzlichen Krankenversicherung wäre ein vergiftetes Geschenk", sagte SPD-Fraktionsvize Elke Ferner der Nachrichtenagentur dpa. Sie wies damit Überlegungen aus den Reihen der Koalition zurück.

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Für das laufende Jahr zeichnet sich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Überschuss von zwei Milliarden Euro ab. Der Beitragssatz liegt bei 15,5 Prozent.

Da die Kosten im Gesundheitssystem nach Ferners Einschätzung weiter steigen, führe eine Ermäßigung der Kassenbeiträge nur dazu, "dass die Arbeitnehmer, also die Versicherten, schneller in die Zusatzbeiträge, sprich Kopfpauschalen, reinwachsen". Ihr Fazit: "Eine Beitragssatzsenkung ist nur für die Arbeitgeber eine Entlastung."

Bei der von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) angestrebten Reform der Pflegeversicherung sind Beitragserhöhungen nach Ferners Überzeugung vorgezeichnet. "Wenn sich dort etwas bessern soll, hat das Auswirkungen auf die Beitragsseite: Das ist dann keine Beitragssatzsenkung, sondern eine Beitragssatzsteigerung", sagte die SPD-Politikerin.

Auch aus demografischen Gründen werde man die Beitragssätze anheben müssen. "Es geht dabei um eine Größenordnung von weniger als einem Beitragspunkt."

Die Finanzprobleme der gesetzlichen Pflegeversicherung will die SPD durch einen Risikoausgleich mit der privaten Pflegeversicherung mildern: "Die Private Pflegeversicherung gibt pro Versichertem 60 Euro aus, die soziale Pflegeversicherung das Dreifache, und das bei gleichem Leistungsumfang."

Dies habe, so Ferner, "nichts mit gutem oder schlechtem Wirtschaften zu tun, sondern nur damit, dass in der privaten Pflegeversicherung die besseren Risiken versichert sind". Diese "unglaubliche Schieflage" verlange nach einem Ausgleich. Letzten Endes sei in der Pflege eine Bürgerversicherung unabdingbar. "Wir wollen, dass jeder abhängig von seinem Einkommen einzahlt."

Eine Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung wies Ferner angesichts der Konjunkturrisiken zurück: "Das ist ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft." Schon jetzt gebe es bei den Fördermaßnahmen für Arbeitslose "ziemlichen Kahlschlag". "Wer in dieser Situation an die Senkung von Beitragssätzen denkt, will die Leistungen noch weiter kürzen. Das lehnen wir ab."

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 28.08.201116:48 Uhr

Haben Genossen geniest oder genossen?

Keine Evaluierung, keine Sensitivität, keine Erkenntnis, keine Umsetzung, Kein Konzept! So könnte man die desaströse Performance der SPD-Fraktion zur Gesundheitspolitik und GKV-Finanzierung nennen. Beitragssatzsenkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung seien ein "vergiftetes Geschenk", tönt Elke Ferner als SPD-Fraktionsvize gegenüber der dpa. Wohlweislich verschweigt sie dabei, dass ihre Fraktion die ab 1.1.2011 geltende A b s e n k u n g der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) für die Kranken- und Pflegeversicherung im Bundestag abgenickt hat. Und sich den Vorstellungen von GRÜNEN/Bündnis 90 und LINKE zur E r h ö h u n g der BBG in der GKV mit Andrea Nahles als SPD-Fraktionsspitze vehement verweigert.

Kurzes Rechenexempel: Jenseits von 3.712,50 € pro Monat Brutto (BBG) zahlen weder gutverdienende Arbeitnehmer noch Arbeitgeber einen einzigen Cent Krankenkassen- oder Pflegeversicherungsbeitrag. Die finanzielle Hauptlast tragen (Achtung, SPD!!!) die kleinen und mittleren Einkommensgruppen mit 15,5 % vom Brutto (8,2% AN - 7,3% AG). Wer 8.000 € mtl. brutto hat, zahlt nur 7,2% in die GKV ein (AN 4,05% und AG 3,15%): Damit bleiben jährlich 51.450 € bzw. monatlich 4.287,50 € GKV- und Pflege-Beitrag f r e i! Besserverdienende und ihre Arbeitgeber sparen so jährlich Milliardenbeträge. Deswegen warnt ja auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vor höheren Pflegebeiträgen. Vgl. meinen Kommentar "Auf den Hund gekommen?"
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=47063&src=suche&p=Dieter+hundt

Besonderen sozialen Sprengstoff beinhalten die nach oben offenen, einseitigen Zusatzbeiträge in der GKV. Sie belasten überproportional Niedrigeinkommen und Rentnerinnen und Rentner. Doch da beteiligt sich die SPD an der Entsolidarisierung beitragsfinanzierter Sozialkassen, indem sie die Verbreiterung der GKV-Finanzierungsbasis durch Anpassung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung verweigert.

Selbst Bereiche, die ich nicht zu verstehen glaube, bleiben als SPD-Positionen nebulös und dubios. Der wirtschaftspolitische Berater der SPD-Spitze, Prof. Henrik Enderlein, favorisiert im aktuellen SPIEGEL-Streitgespräch gegenüber Prof. Hans-Werner Sinn die breite Einführung von Euro-Bonds. Zugleich ist George Soros, internationaler Devisen-, Börsen- und Rohstoffspekulant, als US-Amerikaner griechischer Abstammung geradezu besessen von Manipulations- und Gewinnchancen bei Euro-Bonds. Vgl.
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/finanzen_steuern/article/665691/soros-gibt-deutschland-schuld-eurokrise.html?sh=1&h=1647822333#comment

Pikanterweise haben die USA, die Herrn Soros die Anhäufung eines Milliardenvermögens ermöglichten, eine extrem hohe Staatsverschuldung, ein immenses Außenhandelsdefizit, ein völlig überteuertes Gesundheitswesen (16% des BIP wurden 2008 dafür ausgegeben) und nicht mal den Ansatz eines beitragsfinanzierten sozialen Sicherungssystems, von einer Gesetzlichen Krankenversicherung ganz zu schweigen.

Das macht mir schon einen heftigen Niesreiz bei den Genossen...
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund


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