Schabowskis Pressekonferenz am Abend des 9. November 1989
Am Abend des 9. November 1989 gibt es eine Pressekonferenz mit Politbüro-Mitglied Günter Schabowski.
Gegen Ende der Pressekonferenz, um 18.53 Uhr, holt Schabowski einen Zettel aus seiner Tasche, den er vor der Pressekonferenz von SED-Generalsekretär Egon Krenz bekommen hat, und liest stockend vor:
"Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen - Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse - beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Die zuständigen Abteilungen Pass- und Meldewesen der VPKÄ (Volkspolizeikreisämter, Red.) in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne dass dabei noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen."
Schabowski selbst ist sichtlich verunsichert. Ihm wird die Frage gestellt: "Gilt das auch für Westberlin?"
Er zuckt mit den Schultern und antwortet: "Also, doch, doch", und liest dann weiter vor. "Die ständige Ausreise kann über alle Grenzkontrollen der DDR zur BRD bzw. zu Westberlin erfolgen."
Schabowski wird dann gefragt: "Wann tritt das in Kraft?"
Er antwortet: "Das tritt nach meiner Kenntnis... ist das sofort, unverzüglich."
Was Schabowski nicht beachtet und nicht gewusst hat: Die Bekanntgabe war mit einer Sperrfrist für 4 Uhr am 10. November vorgesehen.
Um 19.04 Uhr am 9. November 1989 verbreitet die DDR-Nachrichtenagentur ADN den von Schabowski verlesenen Text; um 19.30 Uhr berichtet die "Aktuelle Kamera" im DDR-Fernsehen, um 20 Uhr die "Tagesschau".
Um 20.30 Uhr sammeln sich die ersten Ostberliner am Grenzübergang Bornholmer Straße. Um 22.30 ruft der diensthabende Chef der Grenzübergangsstelle seine Vorgesetzten an und teilt mit: "Es ist nicht mehr zu halten. Wir müssen die GÜST aufmachen. Ich stelle die Kontrollen ein und lasse die Leute raus." Um 0.02 Uhr am 10. November sind alle Grenzübergänge in Berlin offen.
Die Mauer ist gefallen. (HL)