Prävention

Scheidende WHO-Chefin greift Impfverweigerer an

Die WHO-Chefin geht. Sie räumt Fehler in der Ebola-Krise ein, stellt Fortschritte heraus, und wird am Ende fast sentimental. Für Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, hat sie aber kein Verständnis.

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GENF. Die scheidende Chefin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Impfverweigerer in Europa und den USA scharf kritisiert. "Die jüngsten Masernausbrüche hätten nie passieren dürfen", sagte Margaret Chan am Montag in Genf. Die Viren seien dadurch in viele andere Länder getragen worden. "Das Verweigern von Impfungen ist mindestens ein Grund, warum das riesige Potenzial vom Impfen noch nicht vollumfänglich realisiert worden ist", sagte sie.

Italien hat vergangene Woche die Impfpflicht für zwölf Krankheiten, darunter Masern, eingeführt. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geht aber davon aus, dass die Masern in Deutschland auch ohne Impfpflicht endgültig verbannt werden können. Es gebe scharfe Maßnahmen, wie die Pflicht zum Nachweis einer Impfberatung bei der Anmeldung zum Kindergarten, sagte Gröhe der Deutschen Presse-Agentur. "Ich glaube, dass unsere Maßnahmen das Ziel erreichen werden." Nicht Impfverweigerer seien das große Problem, sondern Eltern, die nach der ersten Standardimpfung nicht zum Arzt zurückkämen.

Chan gibt den Stab nach zehn Jahren im Juli an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Die Entscheidung fällt am Dienstag, erstmals mit Kampfabstimmung, weil die 194 Mitgliedsländer sich nicht in einem Ausschuss vorab einigen konnten. Drei Experten haben sich beworben: der äthiopische Malaria-Forscher und frühere Gesundheitsminister Tedros Adhanom Ghebreyesus (52), die pakistanische Kardiologin und frühere Gesundheitsministerin Sania Nishtar (54), und der britische Arzt und UN-Berater David Nabarro (67).

"Alle sind Experten, die wichtige Erfahrungen mitbringen", sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Die Abstimmung ist geheim, und er wollte die Präferenz der Bundesregierung nicht bekannt machen.

Die WHO hatte durch das Versagen bei der Ebolakrise 2014 einen schweren Vertrauensverlust erlitten. Die Organisation hatte viel zu spät reagiert, die Epidemie lief aus dem Ruder und 11.000 Menschen kamen um. Chan räumte das als großen Fehler ein, es seien aber schnell Reformen eingeleitet worden, und die Organisation sei heute besser aufgestellt. Diese Reformen müssten vorangetrieben werden, sagte Gröhe.

Chan legte den Mitgliedern zum Abschluss eine Botschaft ans Herz: "Denkt immer an die Menschen", sagte sie. "Hinter jeder Zahl steht eine Person, die unser Mitgefühl verdient, vor allem wenn sie leidet." (dpa)

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Kommentare
Karl-Heinz Grimm 30.05.201702:47 Uhr

Großes leere Worte

Sehr geehrter Herr Kollege Burkhardt
Sie haben auf den Punkt gebracht. Großes Geschwätz will nur die impfmüdigkeit vertuschen. Warum wird dieser Herr vom Ärztekammepräsident nur so umworben, dem fehlt ja auch jeder Standpunkt. Ein Konzept gegen die impfverweigerer fehlt. Die Risiken sind doch nicht mehr akzeptabel. Warum also das Gesülze von Herrn Gröhe? Erhalt keine Konzepte und keinen Mut. Vielleicht verliert annehmen ein paar stimmen bei der Wahl, das ist ja auch wichtiger wie schaden von wehrlosen Kindern abzuwehren. Vielleicht könnte ein bonussystem für kinderimpfungen etwas nützen. Kostet aber wieder etwas und schmälert die krankenkassenüberschüsse.

Jürgen Burkhardt 23.05.201716:08 Uhr

"Impfverweigerer"

Wohltuend und klar, die Kritik der scheidenden WHO-Chefin, Margaret Chan an die "Impfverweigerer"! Als Beispiel führt sie die jüngsten Masernausbrüche an. Für mich und sicher auch für die meisten Pädiater ist die Ansicht von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, "dass die Masern in Deutschland auch ohne Impflicht endgültig verbannt werden können", ein durch nichts begründeter Wunschtraum. Ich kann nicht nachvollziehen, wie er die über viele Jahre vorhandenen Statistiken und dokumentierten Schicksale betroffener Kinder berücksichtigt hat. Außer Masern geht es natürlich auch um viele anderen Impfungen. Dazu braucht man als Nachfolger oder Nachfolgerin für Frau Chen "...Experten, die wichtige Erfahrungen mitbringen". Mit dieser Aussage hat Gröhe nun tatsächlich recht!

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