DGS fordert beim Schmerz- und Palliativtag
Schmerzbehandlung nicht stur nach Leitlinien ausrichten
Für viele Schmerzpatienten ist eine leitliniengerechte Standardbehandlung nicht das beste Mittel der Wahl, betont die DGS zum Start des Schmerz- und Palliativtags.
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Der Patient mit seinen Erkrankungen und Haltungen soll bei der Schmerzbehandlung im Mittelpunkt stehen, betont die DGS.
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FRANKFURT/MAIN. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) fordert in der Schmerzmedizin einen stärkeren Fokus auf die „individualisierte“ Therapie.
Die Multimorbidität der meisten Patienten mit chronischen Schmerzen stünde einer leitliniengerechten Standardbehandlung entgegen, heißt es in einer Mitteilung zum Start des 30. Deutschen Schmerz- und Palliativtags. Dieser findet unter dem Motto „Individualisierung statt Standardisierung“ vom 7. bis 9. März in Frankfurt/Main statt.
Die DGS erneuert damit ihre Leitlinien-Kritik, die sie bereits im Vorfeld geäußert hatte. Es habe in Deutschland eine Leitlinienentwicklung stattgefunden, die sich von der Versorgung der Patienten entfernt habe, betont DGS-Präsident Dr. Johannes Horlemann in einem Video-Interview auf YouTube. Der Grund dafür sei, „dass die Leitlinien in ihrer Evidenz in der Regel die Multimorbidität der Patienten mit chronischen Schmerzen nicht abbilden“.
Veröffentlicht: 07.03.2019
Thesenpapier mit zehn Punkten
Viele Ärzte seien verunsichert, wenn sie bei der Behandlung der Schmerzpatienten vom Standard abweichen, teilte Horlemann mit. Abhilfe sollen die DGS-Praxisleitlinien schaffen, denen ein Thesenpapier zugrunde liegt. Es enthält zehn Punkte und soll auf der Tagung vorgestellt werden.
Eine der Thesen wurde bereits veröffentlicht, darin differenziert die DGS zwischen scheinbar formal-wissenschaftlich „richtigen Entscheidungen“ sowie „klugen Entscheidungen“ – in Anlehnung an das US-amerikanische „Choosing Wisely“.
Wörtlich heißt es: „Es gibt keine ‚richtigen Entscheidungen‘ bei der Therapie chronischer Schmerzen, sondern nur kluge, gemeinsam entwickelte, kontextangepasste Entscheidungsprozesse, die Patientenressourcen einbinden und im Behandlungsverlauf adaptiert werden.“
Die DGS unterstreicht, dass die Haltungen und Wertungen der Patienten bei der Therapiewahl berücksichtigt werden sollten.
Facharzt für Schmerzmedizin gefordert
Rund 23 Millionen Schmerzpatienten gebe es in Deutschland, schätzt die Fachgesellschaft. Diese benötigten eine flächendeckende Versorgung. Dass wissenschaftliche Institute im September 2018 dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) in einem Gutachten die Einführung einer schmerzmedizinischen Bedarfsplanung empfohlen haben, wertet die DGS als „wichtigen Etappensieg“.
„Dieses Gutachten gibt uns Anlass zu der Hoffnung, dass in naher Zukunft durch eine eigenständige fachärztliche Bedarfsplanung die zunehmende Zahl von Patienten mit chronischen Schmerzen abgefangen werden kann“, erläutert Horlemann.
Die Fachgesellschaft kündigte an, sich weiterhin dafür einsetzen zu wollen, dass der Facharzt für Schmerzmedizin eingeführt wird. (ths)
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