Kabinettsbildung
Karl Lauterbach wird Gesundheitsminister
Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz holt Karl Lauterbach in seine Mannschaft. „Mit uns wird das Gesundheitswesen robuster“, kündigte der neue Gesundheitsminister an.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Olaf Scholz machte es am Montagvormittag nicht sehr spannend: „Die meisten haben sich gewünscht, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister wird. Er wird es“, stellte der künftige Kanzler den Nachfolger von Jens Spahn (CDU) vor. Lauterbach brauchte nicht lange, um programmatisch zu werden. Er bedankte sich für die Zustimmung aus der Bevölkerung.
Dann legte der 58-Jährige los: „Mit uns wird es keine Leistungskürzungen geben. Im Gegenteil: Das Gesundheitswesen wird mit uns robuster“, sagte der Arzt und Epidemiologe.
Neuer Minister will Weihnachten retten
Zunächst aber lägen die Akzente auf der Pandemiebekämpfung. In den kommenden Wochen müssten die Corona-Fallzahlen soweit gesenkt werden, dass an Weihnachten das Reisen empfohlen werden könne, ohne die Menschen zu gefährden, sagte der designierte Gesundheitsminister noch.
Mit Professor Karl Lauterbach kommt ein Arzt an die Spitze des Ressorts, ein Arzt mit einer Harvard-Professur für Epidemiologie. Für die Corona-Gegenwart ist das ein nicht unbedeutender Spiegelstrich im Bewerbungsschreiben.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey hatten zuvor 59 Prozent der Befragten eine Ernennung Lauterbachs begrüßt. Das Umfrageergebnis brachte ihm schon vorab den Titel „Gesundheitsminister der Herzen“ ein.
Lauterbach ist kein SPD-Urgestein. Bis 2001 war er Mitglied der CDU. Als SPD-Mitglied startete Lauterbach politisch durch. Seit 2005 gewinnt er seinen Wahlkreis Leverkusen-Köln IV jeweils direkt.
Söder: „Lauterbach kann das auf jeden Fall“
Bereits am Wochenende hatte Lauterbach Vorschusslorbeeren, aber auch versteckte Kritik eingefahren. Lauterbach sei ein kluger Kopf. Er würde sich freuen, wenn Lauterbach der nächste Gesundheitsminister werde, hatte der aktuelle Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Klaus Holetschek (CSU) am Wochenende betont. „Ich glaube, Herr Lauterbach kann das auf jeden Fall“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntagabend in der Talk-Show „Anne Will“.
Aus der Ärzteschaft kamen schnell versöhnliche Töne „Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sein werden, war es immer eine fachlich angetriebene Diskussion im Ringen um die beste Lösung. Mit Herrn Lauterbach steht künftig ein versierter Kenner des komplexen Gesundheitswesens an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Gassen. Das sei vor dem Hintergrund der vielen Herausforderungen sinnvoll.
Die KBV biete ihre Vorschläge und Expertise mit dem Ziel an, die ambulante Versorgung weiter zu entwickeln. Insbesondere die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Praxen der niedergelassenen Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten für die Versorgung der Patientinnen und Patienten sei, sagte Gassen.
Virchowbund verweist auf die Umsetzung der GOÄ
Beim Virchowbund wurde die Nachricht positiv aufgenommen. „Wir sehen einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit optimistisch entgegen, da Karl Lauterbach gezeigt hat, dass er frühere Positionen auf Grund neuer Erkenntnisse verändern und seine Politik an die neuen Gegebenheiten anpassen kann“, sagte Virchow-Bund-Chef Dr. Dirk Heinrich. Zudem sei Lauterbach auch aus anderen Gründen die richtige Besetzung. Die Wissenschaft sei der natürliche Feind des Populismus, deshalb sei die Pandemie nur faktenbasiert und mit entschlossenem Handeln zu besiegen, anstatt nach Ideologie oder Stimmungen, sagte Heinrich.
Neben der Pandemiebekämpfung werde eine seiner Hauptaufgaben die Umsetzung der vorliegenden, reformierten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sein, die seit Jahrzehnten nicht überarbeitet worden sei, gab Heinrich einen Fingerzeig, was die niedergelassenen Ärzte von Lauterbach erwarten.
Am Nachmittag war mit Bekanntwerden des positiven Mitgliedervotums der grünen Basis für den Koalitionsvertrag die Zustimmung für die Ampel-Regierung komplett. 86 Prozent der Mitglieder hatten den Vertrag gutgeheißen. Am Wochenende hatten die Delegierten von SPD und FDP dem Werk mit jeweils mehr als 90 Prozent ihren Segen erteilt.(af)