Kongress bringt ans Licht
So steht es um die Männergesundheit
Beim 3. Männergesundheitskongress haben Experten die Gesundheit der deutschen Männer unter die Lupe genommen: von Vorsorgeuntersuchungen bis zum Viagra-Konsum. Dabei bestätigten sich einige Geschlechterklischees.
Veröffentlicht:BERLIN. Männer gehen weniger häufig zum Arzt, bekommen dann aber höhere Mengen an Arzneimitteln verordnet. Darauf hat der Gesundheitsökonom und Arzneimittelforscher Professor Gerd Glaeske am Dienstag in Berlin hingewiesen.
Insgesamt liege die Gesundheitskompetenz bei Männern niedriger als bei Frauen, sagte Glaeske beim 3. Männergesundheitskongress der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Bundesgesundheitsministeriums.
Die klischeehaft unterschiedlichen Lebensstile der Geschlechter spiegeln sich in der Arzneimittelversorgung wider. Während Frauen eher die Gesundheitsinterventionisten seien, lebten Männer oft lieber als Bonvivants, sagte Glaeske.
Mehr Alkohol, Zigaretten und Übergewicht
Sie griffen eher zum Alkohol, rauchten häufiger und neigten stärker zu Übergewicht. Die Folge: Männer bekommen mehr Antidiabetika verschrieben, schlucken mehr Antithrombotika und Lipidsenker, halten sich aber bei Schmerzmitteln eher zurück.
Bei der psychischen Gesundheit von Männern, dem Schwerpunkt des Kongresses, sieht es anders aus. Frauen erhielten signifikant mehr Psychopharmaka verordnet, sagte Glaeske.
Der Unterschied sei so gravierend, dass eine Unterversorgung der Männer angenommen werden müsse.
Doping im Beruf und im Bett spielt bei Männern eine größere Rolle als bei Frauen. Vermeintlich leistungssteigernde Medikamente wie Ritalin oder Viagra besorgten sich vor allem Männer auf den grauen Märkten des Internets.
An dieser Stelle werde die Datenlage zwangsläufig sehr dünn. Aussagefähige Zahlen gebe es dazu nicht, sagte Glaeske. Diese Märkte sollten jedoch stärker als bisher kontrolliert und reguliert werden, forderte Glaeske.
Sicher scheint jedoch zu sein, dass immer mehr Männer mit zunehmenden Alter von Benzodiazepinen abhängig werden. Von den geschätzt bis zu 1,5 Millionen Schlafmittelabhängigen seien bereits ein Drittel Männer.
Gesetzlich Versicherte erhielten die Mittel oft unter der Hand. "Die Ärzte verstecken sich hinter der Privatverordnung", kritisierte Glaeske.
Viele Jungen von ADHS betroffen
Vor allem Jungen sind von ADHS betroffen. Der Verbrauch an ADHS-Medikamenten habe sich von 0,3 Millionen DDD 1994 auf 60 Millionen DDD 2013 erhöht. Nur 20 Prozent der ADHS-Patienten seien Mädchen.
Männer müssten psychische Krankheiten akzeptieren lernen, forderte Regina Kraushaar vom Gesundheitsministerium. Darauf arbeite die Regierung auch mit dem Präventionsgesetz hin, das derzeit in der parlamentarischen Beratung steckt.
Hilfen solle es auch in kleinen Betrieben geben. Insgesamt sollen mit dem Gesetz etwa 40 Millionen Beschäftigte erreicht werden.
In punkto Prävention haben Männer Nachholbedarf, bemerkte die neue Leiterin der BZgA, Dr. Heidrun Thaiss. Jeder vierte Mann sei noch bei keiner Früherkennungsuntersuchung gewesen.
Bei Frauen sei es immerhin jede 15. Die Männermedizin sei nach wie vor stark internistisch geprägt, sagte Professor Harald Gündel vom Uniklinikum Ulm.
Dies liege auch am Verhalten der Männer beim Arzt. Sie berichteten weniger über psychische Probleme und Symptome als Frauen, stellte Gündel fest.