Kommentar zur steigenden Inzidenz

Corona-Impfzentren müssen wieder an den Start

Dritte Impfung und mehr Impfdruck aufbauen bei gleichzeitiger Schließung der Impfzentren? Eine fragwürdige Entscheidung zuungunsten der niedergelassenen Ärzte.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:

Ein gewisser Dissens zwischen Funktionären und Niedergelassenen bestand seit jeher bezüglich des Weiterbetriebs von Impfzentren: Während manche Verbandsobere und KV-Vorsitzende forderten, die Corona-Impfungen sollten so rasch wie möglich in die Praxen verlagert werden, war da manch niedergelassener Kollege mit Blick auf seinen laufenden Praxisbetrieb vorsichtiger. „Wir können das“, reklamierten die an der Spitze, „können wir das wirklich“, fragten sich der eine oder die andere an der Basis leiser oder auch lauter.

Denn alle übrigen Impfungen, auch die gegen Influenza, sind ja nach wie vor zu leisten. Plus laufender Betrieb, plus der nahende saisonübliche Anstieg mit Grippe- und Erkältungserkrankungen in den Praxen, mithin der ohnehin schon dicht geplante Alltag. Und jetzt noch das Schließen von COVID-Impflücken und Millionen Booster-Impfungen oben drauf?

Was ist also vom Vorschlag von Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn zu halten, die Impfzentren – zumindest die im Stand-by-Betrieb – wieder zu öffnen?

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Das ist tatsächlich notwendig: Es bedarf weiterhin eines begleitenden öffentlichen Verfahrens. Denn für niedergelassene Ärzte können die Corona-Impfungen zur Überlastung werden. Manche sind bereits ausgestiegen, andere schränken dafür ihren Praxisbetrieb spürbar ein.

Die Handhabung der lagerungsempfindlichen Vakzine, die Notwendigkeit, jeweils genügend Patienten für eine geöffnete Phiole zu rekrutieren, das Vorhalten gesonderter Räumlichkeiten – all das kostet enorme Kapazitäten in den Praxen. Von Drohungen seitens Querdenkern und radikaler Impfgegner ganz zu schweigen.

Die Impfzentren Ende September zu schließen war angesichts des zu diesem Zeitpunkt schon erwartbaren Aufkommens von Booster-Impfungen und erhöhten Drucks auf Ungeimpfte ohnehin eine fragwürdige Entscheidung. Reduzieren ja, abschaffen nein.

Das häufig angeführte Argument der im Verhältnis teureren Impfungen in den Zentren darf in einer solchen Pandemielage nicht gelten. Schwere COVID-Verläufe sind allemal teurer.

Und auch Profilierungsdrang von Funktionären wie Politikern sollte nicht über den realen Problemen derjeniger stehen, die die Impfarbeit tatsächlich in den Praxen leisten müssen.

Schreiben Sie dem Autor: christoph.barkewitz@springer.com

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Kommentare
Anne C. Leber 03.11.202114:12 Uhr

Leserzuschrift von Dr. Eckhard Starke, 2. Teil
Nebenbei möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Vertragsärzte für 20 Euro ein wesentlich schwierigeres Patientengut impfen, denn deren Patienten kommen verunsichert in die Praxen während die Personen in den Impfzentren bereits entschlossen sind, sich jetzt impfen zu lassen. Dafür kostet das Impfen den Steuerzahler nach Aussagen von Herrn Beuth ca. 180 Euro/ Impfung.
Wenn jetzt die Impfzentren geöffnet werden für eine noch überschaubare Anzahl von Patienten - siehe oben -, werden die Kosten deutlich über 200 Euro pro Impfung liegen. Dieses Geld wird morgen dem Gesundheitswesen entzogen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Vertragsärzteschaft die Boosterung stemmen kann, wenn man sich entscheidet, wer geimpft werden sollte und diese Strategie nicht im Wochenrhythmus ändert. Den Umfragen nach zu urteilen, kommen neue Erstimpfungen nur in sehr überschaubarer Menge hinzu, denn das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Es wäre angebracht, nicht Hilflosigkeit zu zeigen, sondern eine klare und erkennbare Strategie. Nach nunmehr 2 Jahren Pandemie hätte ich das erwartet, bin aber wieder eines Besseren belehrt worden.
Hoffnung habe ich keine mehr.
Dr. Eckhard Starke
stellvertr. Vorstandsvorsitzender der KV Hessen, Frankfurt

Anne C. Leber 03.11.202114:10 Uhr

Leserzuschrift von Dr. Eckhard Starke
Zunächst bleibt festzustellen, dass die Politik nichts aus ihren Fehlern zu lernen vermag: wer entscheidet in Deutschland, wann und welche Menschen geimpft werden müssen? Die Politik oder ein wissenschaftlicher Beirat? Die Art und Weise, wie durch die Politiker die Ständige Impfkommission öffentlich vorgeführt wurde, hat ohne Zweifel zu einer erheblichen Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen.

Heute impfen die Vertragsärzte diejenigen zum dritten Mal, die vor einem halben Jahr vollständig geimpft wurden. Im April und Anfang Mai waren das noch ausgesuchte Patienten, alte und kranke. In Hessen sind aktuell 150000 Menschen geboostert. Insgesamt waren im April und Anfang Mai knapp 450.000 Menschen vollständig geimpft, von denen - da ja oft in einem hohen Alter - inzwischen nach der Statistik ca. 70.000 ohne Covid an Altersbeschwerden gestorben sein dürften. Wir reden also von gut 200.000 Patienten in ganz Hessen, die überhaupt noch in Frage kommen. Also ca. 30 Patienten pro impfenden Arzt oder impfender Ärztin, wobei ich nur die Hausärzte und die basisversorgenden Fachärzte gerechnet habe.
Also keine erschreckende Anzahl, die hysterisches und unüberlegtes Handeln erforderlich machen.
Die Politik hat es darüber hinaus versäumt - und das hätte sie machen müssen, Verdienst und Gewinn hin oder her -, die Pharmaindustrie zu zwingen, Einzeldosen zu liefern, um zu vermeiden, dass zu viel Impfseren verworfen werden müssen. Es ist absolut unmoralisch, wenn Deutschland massenhaft Impfdosen entsorgt, andere Länder jedoch nicht ansatzweise über Impfstoff verfügen. Zusätzlich hat das BMG zu verantworten, dass die vertragsärztlichen Kollegen den Impfstoff nur alle 14 Tage bestellen dürfen, also weder spontan Einzelne impfen dürfen und infolge der Bestellungsschwierigkeiten nur voraus geplant impfen können.
2. Teil.....

Anne C. Leber 03.11.202114:07 Uhr

Leserzuschrift von Dr. Thomas Sitte
Bei uns in der Praxis bekommen alle Interessenten in derselben oder folgenden Woche einen Impftermin. Seit Beginn haben wir uns zum Dumpingumsatz wirklich krummgemacht, damit die Impfungen vorankommen. Wenn die Impfzentren wieder öffnen, werden wir wohl nicht weiter impfen.

Wozu dann noch? Dann gehe ich lieber für 120 EUR pro Stunde ohne Stress und große Verantwortung als Arzt ins Impfzentrum.

Dr. Thomas Sitte,
Fulda-Kämmerzell

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