Nach Kritik an Lagermengen
Spahn liefert sich Fernduell mit Reinhardt zu Corona-Impfstoffmengen
Nach Kritik des BÄK-Präsidenten Klaus Reinhardt an Lagerbeständen der Corona-Vakzinen kontert Gesundheitsminister Jens Spahn mit einer Gegenrechnung.
Veröffentlicht:Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt indirekt gerüffelt. Es sei nicht richtig, dass in Deutschland irgendwo fünf Millionen Dosen Impfstoff auf Lager lägen. „Das tun sie nicht“, sagte Spahn am Freitag ohne Reinhardt direkt beim Namen zu nennen.
Aktuell seien etwa vier Millionen Dosen unverimpft, wenn alle Lieferungen in dieser Woche einbezogen würden, sagte Spahn vor der Bundespressekonferenz. Davon seien nur „wenige hundertausend“ Dosen von AstraZeneca.
In den vier Tagen bis zu den nächsten Lieferungen würden bis zu zwei Millionen Dosen dieser Menge verbraucht. Wenn es überhaupt überschießende Bestände gebe, seien dies zwei Millionen Dosen, für die wiederum bereits Termine vergeben seien.
Kritik vom BÄK-Präsidenten
Reinhardt hatte am Freitag Medien gegenüber gesagt, es sei nicht hinnehmbar, dass in Deutschland fünf Millionen Impfdosen ungenutzt gelagert würden, während sich täglich tausende Menschen neu mit Corona infizierten.
Stattdessen sollten die für Zweitimpfungen zurückgehaltenen Reserven aufgelöst werden. Das sei angesichts der zu erwartenden Lieferungen vertretbar, wird Reinhardt zitiert.
Spahn: Prio-Ende im Juni
Spahn kündigte erneut an, dass er „Stand heute“ damit rechne, noch im Frühjahr die Impfpriorisierung aufheben zu können. Dies werde voraussichtlich „im Verlauf“ des Juni möglich werden.
Das bedeute aber keineswegs, dass dann alle Interessierten sofort geimpft werden könnten. Die Kampagne könne durchaus den kompletten Sommer über andauern. Danach werde es eine Übergangsphase geben, in der weiter Beschränkungen andauern könnten.
Ende der Priorisierung
Vaxzevria® für alle ab 18 Jahren in immer mehr Bundesländern
Kinder und Jugendliche zum Beispiel dürften dann noch nicht geimpft sein. Weitere Menschen könnten sich nicht impfen lassen oder wollten dies nicht. Hier sei auch im Herbst noch mit Infektionen zu rechnen, so der Minister. Er rechne mit kontroversen Debatten dazu.
Der Präsident des Paul-Ehrlich-Institutes Professor Klaus Cichutek verwies auf Studien, in denen derzeit der Einsatz von Impfstoffen auch bei Kindern und Jugendlichen getestet würden. Mit Ergebnissen werde bis Ende des Jahres gerechnet.
Kein Einspruch
Bundesrat segnet Bundes-Lockdown ab
Seit einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz von Anfang März liegen Ausgangsbeschränkungen in den Instrumentenkästen zur Infektionsbekämpfung. Am Samstag treten sie nun bundesweit in Kraft. Geimpfte sollen davon nicht unmittelbar befreit sein, sagte Spahn am Freitag. Über mehr Freiheitsgrade für Geimpfte müsse sorgfältig nachgedacht werden. Ein Anspruch auf eine Restaurantöffnung leite sich aus der Impfung nicht ab, sagte Spahn mit Blick auf den Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag. Er erkannte an, dass die Diskussion Risiken einer Spaltung der Gesellschaft in sich trügen.
Indische SARS-CoV-2-Variante unter Beobachtung
Die indische Variante des Virus mit Doppelmutation wird beim Robert Koch-Institut noch nicht als „besorgniserregend“ eingestuft. 21 Nachweise dieser Variante gebe es in Deutschland, berichtete RKI-Vizepräsident Professor Lars Schaade.
Noch sei nicht klar, ob diese Variante für die starke Zunahme der Infektionen in Indien verantwortlich seien oder zum Beispiel religiöse Feste. Das Kumbh-Mela-Fest am Ganges, das vergangene Woche in Indien gefeiert wurde, gilt mit Millionen Teilnehmern als größte religiöse Veranstaltung der Welt.