Bundesrat
Spahns Gesetzes-Kaskade nur sanft gerügt
Masernschutz, Reform des MDK, digitale Versorgung, Pflege-Löhne: Die Länder melden im Bundesrat Verbesserungen im Detail an, doch die werden Bundesgesundheitsminister Spahn wenig Kopfzerbrechen machen.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Bundesrat hat am Freitag in einem gesundheitspolitischen Mammutprogramm zu vielen Gesetzentwürfen des Bundes Stellung bezogen. Die Vorlagen aus dem Bundesgesundheitsministerium stießen im Detail auf Kritik, ihr Tenor aber auf Zustimmung. Gesetzesanträge einzelner Länder komplettierten die Agenda.
- Verbot des Rauchens im Auto: Vier Länderregierungen wollen das Nichtraucherschutzgesetz ändern, um das Rauchen dann zu verbieten, wenn Schwangere oder Kinder mitfahren. Verstöße sollen dann mit 500 bis 3000 Euro geahndet werden. Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat geschätzt, dass rund eine Million Minderjährige in Deutschland Tabakrauch im Auto ausgesetzt sind. In anderen europäischen Ländern seien entsprechende Verbote längst etabliert worden. Der Antrag wurde an die Fachausschüsse zur Beratung überwiesen. Wird die Vorlage bei der nächsten Sitzung der Länderkammer angenommen, wäre der Bundesrat im nächsten Schritt am Zug.
- Bessere Löhne in der Pflege: Grünes Licht gab die Länderkammer für den Gesetzentwurf, mit dem höhere, nach Qualifikation differenzierende Mindestlöhne erreicht werden sollen. Zudem soll der nach Ost und West bislang unterschiedliche Pflegemindestlohn wegfallen. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz soll so geändert werden, dass Tarifverträge für die gesamte Pflegebranche ermöglicht werden. Die Pflegekommission soll zu einem ständigen Gremium werden. Ihre Empfehlungen zur Höhe des Mindestlohns können unmittelbar in Rechtsverordnungen münden.
- Masernschutzgesetz: Die Länder haben große Zustimmung zur Vorlage der Bundesregierung signalisiert und fordern in Details Änderungen. Rheinland-Pfalz kritisierte indes „unüberwindbare Probleme“ bei der Umsetzung des Gesetzes, fand mit einem Antrag aber keine Mehrheit in der Länderkammer. Die Prüfung der Impfnachweise wird laut Gesetzentwurf auf die Leitung von Schulen und Kindergärten übertragen. Pädagogischer Auftrag und die Aufgabe der Gefahrenabwehr in einer Person – das vertrage sich nicht, argumentierte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Sie drängte darauf, diese Aufgabe bei den Gesundheitsämtern anzusiedeln. Auch verlangte sie ein Finanzierungskonzept des Bundes für die zusätzlich in den Länderverwaltungen anfallenden Aufgaben – was abgelehnt wurde.
- MDK-Reformgesetz: Die Deckelung der Prüfquote von Krankenhausabrechnungen geht dem Bundesrat zu weit. Die finanziellen Folgen für die Krankenkassen wären gravierend, möglicherweise sogar beitragssatzrelevant, heißt es in einem Antrag Bayern, der eine Mehrheit fand. Dass im Verwaltungsrat des neuen Medizinischen Dienstes (MD) Vertreter der Landesärztekammer und -pflegekammer kein Stimmrecht haben soll, erschließt sich dem Bundesrat nicht.
- Das „fachliche Know-how“ der Kammern sollte daher mit Stimmrecht einhergehen. Kritik gab es auch am Vorhaben, dass ein Ehrenamt im Verwaltungsrat des MD und die Mitgliedschaft in einem Verwaltungsrat oder der Vertreterversammlung einer Kasse künftig unvereinbar sein soll. Das setze „bewährte Verfahrensweisen im Rahmen der Selbstverwaltung außer Kraft“, monieren die Länder.
- Digitale Versorgung-Gesetz: Der Bundesrat nimmt Krankenhäuser, die nicht rechtzeitig an die Telematik- infrastruktur angeschlossen sind, aus der Schusslinie. Die im DVG vorgesehenen Sanktionen seien nicht sinnvoll, solange die Voraussetzungen wie etwa der Breitbandausbau nicht flächendeckend gegeben sind, heißt es im Beschluss. Dass die Bundesbehörde BfArM über die Aufnahme in das Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen entscheiden soll, stößt bei den Ländern auf wenig Gegenliebe. Diesen Job sollte eine „unabhängige Institution unter Einbeziehung der Selbstverwaltung“ machen. Die Forderung, den Gemeinsamen Bundesausschuss mit dieser Aufgabe zu betrauen, fand keine Mehrheit.
- Notfallsanitätergesetz: An die Ausschüsse überwies der Bundesrat einen Gesetzesantrag aus Bayern und Rheinland-Pfalz. Darin wird moniert, der Bund lege zwar als Ausbildungsziel des Notfallsanitäters fest, dass dieser eigenverantwortlich medizinische Maßnahmen der Erstversorgung bei Notfallpatienten vornehmen soll. Zugleich habe der Bundesgesetzgeber aber keine Ausnahme vom Heilkundevorbehalt festgelegt – die Ausübung der Heilkunde ist Ärzten vorbehalten und ohne Erlaubnis strafbar. Das führe in der Praxis zu erheblicher „Rechts- und Handlungsunsicherheit“. Nötig sei daher eine eigene Befugnis im Notfallsanitätergesetz. Nach den Beratungen in den Ausschüssen kommt die Vorlage wieder ins Bundesratsplenum zur Abstimmung.
- Pflegepersonal: Ohne Mehrheit ist im Bundesrat ein Vorstoß von vier Ländern zum Pflegepersonal geblieben. Sie wollten erreichen, dass bei der Bemessung des Personalstandards auch die Qualität der Versorgung berücksichtigt wird. Bremen, Thüringen, Berlin und Brandenburg argumentieren, es dürfe bei der Personalbemessung nicht nur um Risikominderung gehen.
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