Versorgungsatlas
Spiegelbild bald auch für die Einzelpraxis?
Der Versorgungsatlas des Zi stellt Ärzten regionale Analysen der ambulanten Versorgung zur Verfügung. Zum fünfjährigen Bestehen zeigt ein Blick in die Zukunft: Auch spezifischere Auswertungen wären denkbar.
Veröffentlicht:BERLIN. Eine Auswertung, die dem einzelnen Arzt ein direktes Feedback gibt: Für die Macher hinter dem Portal Versorgungsatlas.de ist das durchaus denkbar. Aktuell veröffentlichen sie Analysen der ambulanten medizinischen Versorgung in Deutschland nach Regionen. Doch von den derzeitigen Auswertungen der Versorgungsrealität in ihrer Region fühlen sich viele Mediziner nicht angesprochen, sagte Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), das den Versorgungsatlas betreibt, auf einer Fachkonferenz zum fünfjährigen Bestehen des Angebots in Berlin.
"Ärzte sagen: Es ist ja schön, dass Sie das auf Kreisebene machen, aber es hat mit meiner Praxis nichts zu tun", erklärte er. Deshalb sei es wichtig, den Ärzten Informationen über die Versorgung ihrer eigenen Patienten an die Hand zu geben.
Denkbar wäre Stillfried zufolge eine Analyse der Versorgung der Diabetiker in einer bestimmten Region, die im Laufe ihrer Behandlung von derselben Gruppe von Ärzten betreut wurde. "Wir könnten uns zum Beispiel hundert Diabetiker anschauen, die von denselben zehn Ärzten betreut werden und die Leitliniengerechtigkeit ihrer Behandlung mit der in der Region insgesamt vergleichen", erklärte Stillfried. Die einzelnen Ärzte könnte man dann nicht nur über diese Auswertung informieren, sondern auch darüber, mit welchen neun Kollegen sie bei der Behandlung der Diabetiker eine Gruppe bilden – meist ohne es zu wissen.
Noch sind das Zukunftspläne, bisher geht es um die Auswertung und Darstellung der regionalen medizinischen Versorgung insgesamt. So untersuchte das Zi, wie viele Kinder gegen Masern geimpft werden (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Das Ergebnis war, dass die Impfquote insgesamt zunimmt, in bestimmten Gebieten aber zurückgeht – vermutlich aufgrund einer impfkritischen Einstellung von Eltern, aber auch Ärzten. Die Auswertung beinhaltet einen 30-seitigen Bericht, vor allem aber interaktive Tabellen, Diagramme und Karten. Hier können Nutzer das Impfverhalten nach Region, Zeitabschnitt und nach Erst- oder Zweitimpfquote abbilden lassen.
In dieser Kartenansicht erhält der Besucher das Bundesgebiet als Flickenteppich von unterschiedlich rötlich eingefärbten Kreisen, wobei helle Flecken für geringere Impfquoten stehen. Interessanterweise grenzen teils sehr helle Flecken an sehr dunkle, etwa in Südbayern. Die KV Bayerns reagierte mit einer Initiative zur Stärkung der Masern-Impfung. Offenbar mit Erfolg: "Bei der Masernimpfung war Südbayern ein Problemgebiet", erinnert sich der für den Vorsorgeatlas zuständige Fachbereichsleiter Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum. "Bei der Nachuntersuchung konnte man aber einen Anstieg feststellen", berichtete er auf der Berliner Konferenz.
Der Versorgungsatlas hat die Versorgungsforschung in Deutschland nach vorne gebracht, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV und des Zi. "Ich glaube, dass wir in den vergangenen fünf Jahren an wissenschaftlicher Expertise gewonnen haben." Der Atlas zeige, dass der Wohnort die Versorgungsrealität der Patienten bestimme. Als Beispiel für die teils großen Unterschiede innerhalb Deutschlands nannte Bätzing-Feigenbaum die Verschreibungshäufigkeit von Antibiotika. Die sei im Saarland und in Rheinland-Pfalz teils doppelt so hoch wie in Brandenburg.
Zi-Geschäftsführer Stillfried erinnerte daran, dass Kritiker vor der Einrichtung des Versorgungsatlas gewarnt hatten, weil sie eine Skandalisierung regionaler Unterschiede bei der Versorgung befürchtet hatten. Entscheidend für die Erfüllung des eigenen Anspruchs, mit dem Versorgungsatlas ein Instrument für die Entscheidungsträger zu liefern, sei Vertrauen, betonte er. Deshalb sei das Zi nach dem großen Medienecho auf die regionalen Unterschiede bei der Masern-Impfung dazu übergangen, die Gesundheitsämter vor der Veröffentlichung einer neuen Analyse vorzuwarnen. "Vor einer Veröffentlichung informieren wir Gesundheitsämter und alle, die sich angegriffen fühlen könnten", sagte er.
In Zukunft sucht das Zi darüber hinaus die Kooperation mit Berufsverbänden und Fachgesellschaften, um von deren Wissen zu profitieren. Bätzing-Feigenbaum wünscht sich außerdem Kreisprofile nach Vorbild des Gesundheitsatlas Baden-Württemberg. Sie sollen es ermöglichen, sich die verschiedenen Ergebnisse für einen Kreis samt Bundesvergleich anzeigen lassen sollen.
63%
der Kleinkinder sind komplett gegen Masern geschützt. Das zeigte die jüngste Untersuchung des Versorgungsatlas‘, dem Studienportal des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
Eine ausführliche Analyse lesen Sie unter www.aerztezeitung.de/922501