Südwesten

Startschuss für die erste KV-Praxis

Die Gemeinde Baiersbronn im Schwarzwald ist reich an Spitzenköchen - mit insgesamt sieben Michelin-Sternen. Was fehlt, sind Hausärzte. Heute eröffnet in der Gemeinde die landesweit erste KV-Regiopraxis. KV-Vize Dr. Johannes Fechner spricht über die Hintergründe.

Veröffentlicht:

Dr. Johannes Fechner

Aktuelle Position: Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Baden-Württemberg.

Werdegang/Ausbildung: Staatsexamen und Promotion in Freiburg.

Karriere: Niederlassung als Allgemeinarzt in Emmendingen von 1982 bis 2011; VV-Mitglied in der KV Südbaden und KVBW seit 1989; Mitglied im Vorstand der KV Südbaden von 1993 bis 2004.

Privates: Jahrgang 1951

Ärzte Zeitung: Warum ist eine Regiopraxis KVBW in Baiersbronn nötig?

Dr. Johannes Fechner: Baiersbronn wurde nach den Kriterien zur Förderung von Regiopraxen als Gemeinde identifiziert, die in naher Zukunft hausärztlich unterversorgt ist.

Ärzte Zeitung: Wie werden die Ärzte gefördert, die sich bereit erklären, in einem solchen KV-unterstützten Ärztezentrum zu arbeiten?

Fechner: Für die Förderung der Regiopraxen gibt es im Haushalt der KVBW einen eigenen Strukturfonds, der mit 500.000 Euro dotiert ist.

Aus diesem Fonds werden Regiopraxen finanziell gefördert. Pro Praxis gibt es für bis zu vier Hausärzte mit vollem Versorgungsauftrag pro Arzt 25.000 Euro Gründungspauschale.

Eine Strukturpauschale kompensiert die Kosten, die entstehen, weil die Praxis als Regiopraxis KVBW bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen muss. Die auf drei Jahre befristete Strukturpauschale beläuft sich auf 3000 Euro im Quartal.

Für einen angestellten Arzt gibt es eine weitere Strukturpauschale in derselben Höhe. Aber das ist nicht alles. Unsere Förderung geht über das Finanzielle hinaus - wir beraten die Ärzte außerdem in zulassungsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen.

Ärzte Zeitung: Für welche Ärzte kann die Arbeit in einer solchen Praxis attraktiv sein?

Fechner: Für die jetzt noch am Ort tätigen Ärzte steigert der Eintritt in eine Kooperation die Aussichten, einen Nachfolger zu finden und den Praxisanteil verkaufen zu können, erheblich.

Für die nachfolgenden Ärzte minimiert sich in einer Kooperation das wirtschaftliche Risiko, gleichzeitig sind alle Varianten von Arbeitszeitmodellen denkbar.

Ärzte Zeitung: Wie viele weitere Standorte für eine Regiopraxis hat die KV im Visier?

Fechner: Insgesamt sollen in der Projektphase nicht mehr als vier Praxen an den Start gehen, davon maximal zwei in diesem Jahr. Im Gespräch sind noch Bad Schussenried (Landkreis Biberach) und einige andere Standorte.

Ärzte Zeitung: Eigentlich sollten die ersten dieser Praxen bereits 2011 starten. Was sind die Gründe für die Verzögerung?

Fechner: Die Beteiligten müssen zunächst eine geeignete Immobilie für die Praxis finden, deren Finanzierung regeln und die vielschichtigen Fragen der zukünftigen Kooperation klären. Das braucht einfach Zeit.

Ärzte Zeitung: Ein Hausarzt vor Ort ist ein Stück kommunaler Daseinsvorsorge. Ist hier nur die KV mit ihrem Sicherstellungsauftrag in der Pflicht oder sind es auch andere Akteure?

Fechner: Neben der KV Baden-Württemberg gewährt das vom Landes-Sozialministerium aufgelegte Förderprogramm Landärzten bis zu 30.000 Euro je Neuniederlassung, wenn bestimmte Kautelen auf drohende Unterversorgung hinweisen. Auch die Gemeinden engagieren sich zunehmend.

Ärzte Zeitung: Kann das Modell der Regiopraxis in Baden-Württemberg ein "Exportschlager" für andere Regionen sein, die vergleichbare Probleme mit der hausärztlichen Versorgung haben?

Fechner: Selbstverständlich. Sogar die Schweiz ist zu ähnlichen Lösungsansätzen gekommen - nämlich Praxissitze in Mittelzentren zusammenzuführen und von dort aus mittels Nebenbetriebsstätten den ländlichen Raum zu versorgen.

Die Fragen stellte Florian Staeck.

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