Im Jahr 2022
Techniker Krankenkasse meldet 6000 Verdachtsfälle auf Behandlungsfehler
In der Corona-Pandemie ist die Zahl der Anzeigen wegen vermuteten Behandlungsfehlern in allen Statistiken gesunken. Nicht jede Beschwerde lässt sich erhärten. Die Koalition will zum Opferschutz ein Härtefallfonds auflegen.
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Fehleranfällig: Laut Techniker Krankenkasse werden die meisten Verdachtsfälle auf einen Behandlungsfehler nach chirurgischen Eingriffen geäußert.
© Martin Förster/dpa-tmn/picture alliance
Berlin. Knapp 6000 Versicherte haben sich im vergangenen Jahr wegen Verdachts auf einen Behandlungsfehler an die Techniker Krankenkasse (TK) gewandt. Die Zahl blieb damit nach Angaben der Kasse stabil. In den Jahren von 2015 bis 2019 war dieser Wert von 3.545 auf 6.254 um 76 Prozent nach oben geschnellt.
Diese Entwicklung deckt sich teilweise mit den Beobachtungen der Bundesärztekammer und des Medizinischen Dienstes. In den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen mussten 2020 noch mehr als 7000 Sachentscheidungen getroffen werden. 2021 mussten sich die Gremien nurmehr mit 5324 Anträgen befassen.
Die Unabhängige Patientenberatung meldete für 2021 rund 5000 Beratungen im Zusammenhang mit vermuteten Behandlungsfehlern.
Experte vermutet hohe Dunkelziffer
Beim Medizinischen Dienst Bund (MD) wiederum waren 2021 rund 13.000 Beschwerden wegen des Verdachts auf Behandlungsfehler eingegangen, zwei Drittel davon aus dem stationären Bereich. Bei insgesamt 2709 der Beschwerden stellten die Gutachter Zusammenhänge zwischen Fehler und einem Schaden fest. 2019 hatte der MD mehr als 14.500 Gutachten verzeichnet.
Die einzelne Behandlungsfehlermeldung kann in mehreren Zählungen auftauchen. Den vermuteten Fehlerzahlen stehen in den Vor-Corona-Jahren rund 600 Millionen Behandlungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte und etwa 20 Millionen stationäre Behandlungen gegenüber.
Die Dunkelziffer sei erheblich, mahnte TK-Medizinrechtsexperte Christian Soltau. Gleichzeitig könne die Kasse nur jeden dritten ihr gemeldeten Behandlungsfehler im Verlauf der Überprüfung auch erhärten.
Chirurgische Eingriffe bei Meldungen oben
Die meisten bei der TK einlaufenden Verdachtsfälle werden demnach nach chirurgischen Eingriffen geäußert, gefolgt von zahnmedizinischen Behandlungen, Behandlungen bei Allgemeinmedizinern, Geburtshilfe und Gynäkologie, Pflegefehlern, orthopädischen und ophtalmologischen Behandlungen.
Soltau forderte am Montag eine bessere Unterstützung für die Opfer von Behandlungsfehlern. Die Haftpflichtversicherungen von Ärzten zögen Gerichtsverfahren oft in die Länge, damit Opfer unter dem Druck fehlender Einnahmen und steigenden Kompromissen faule Kompromisse eingingen. Der Medizinrechtler verwies darauf, dass das älteste von der TK betreute Verfahren aus dem Jahr 2008 datiere,
Die Techniker Krankenkasse fordert daher wie andere Kassen, Patientenorganisationen und politische Parteien von der Bundesregierung, einen Härtefallfonds zur Unterstützung von Leidtragenden von Behandlungsfehlern einzurichten. Das haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. (af)