TV-Kritik: Musterschüler Rösler glänzt auch in der Talkshow

Dr. Philipp Rösler. Der Gesundheitsminister hat sich bei "Beckmann" wie bei einem Bewerbungsgespräch verhalten. © Elke Hinkelbein
© Elke Hinkelbein
Ja, Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ist ein Musterschüler. Wer das noch nicht wusste, hat es spätestens am Montagabend in der ARD bei "Beckmann" erkannt. Freundlich, gut vorbereitet und eilfertig wie ein Examenskandidat liefert Rösler Moderator Reinhold Beckmann vorhersehbare Antworten auf erwartete Fragen. Zusatzbeiträge? Sind ein Erbfall der Regierung. Zunehmende Kosten? Will er begrenzen. Kopfpauschale gegen Seehofer durchsetzen? Halb so wild, der hatte ja immerhin die größte Unterschrift unter dem Koalitionsvertrag.
Rösler hat Hochkonjunktur im deutschen Fernsehen. Immer wieder verkündet er in Nachrichtensendungen sein Credo von der Kopfpauschale. Jetzt darf er auch im Unterhaltungsprogramm dafür werben. "Es lohnt sich, neue Wege zu gehen, das traue ich mir zu", sagt er wie in einem Bewerbungsgespräch. Röslers Strategie ist so clever wie durchschaubar: Hart in der Sache, freundlich im Ton. Und immer schön menschlich bleiben.
Kein böser Gesundheitsbürokrat, kein abgewetzter Polit-Funktionär, sondern ein frischer junger Mann ist angetreten, das deutsche Sozialsystem umzukrempeln, wie es seit Generationen nicht geschehen ist. Sein Auftreten, das ist auch bei Beckmann zu besichtigen, täuscht über die Brutalität seines Vorhabens hinweg. Nach seinen Erfahrungen als junger Arzt in einem christlichen Krankenhaus hat er sich taufen lassen, erzählt er.
Bei Beckmann auch eingeladen sind fünf weitere Gäste: zwei Altenpflegerinnen mit Zivilcourage, ein seine Mutter pflegender Sohn, der Pflegekritiker Claus Fussek und Simone Rethel, 60-jährige Ehefrau von Methusalem Johannes Heesters. Man ist sich einig: Die Zustände in der Pflege sind schlimm, dem Alter und den Alten wird nicht genug Wertschätzung entgegengebracht.
Der Bundesgesundheitsminister hat auch hier eine klare Position. "Die Pflegeversicherung ist nur eine Teilkaskoversicherung", sagt Rösler. Autsch! Alte und Autos gleichzusetzen - das müsste die Seniorenfreunde am Tisch in Aufruhr versetzen. Aber nichts passiert. Der freundliche Ton federt wieder einmal die harte Botschaft ab.