Katastrophenmedizin

Triage bei COVID-19 – Dringlichkeit entscheidet

Die Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin hält keine prognostischen Aussagen über den Erfolg einer Behandlung für möglich. Daher dürfe nur die Dringlichkeit zählen.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:

Berlin/Frankfurt. Die Gesellschaft für Katastrophenmedizin (DGKM) ist im Falle mangelnder Behandlungskapazitäten für COVID-19-Patienten der Auffassung, dass dann der Patient, der den dringendsten Behandlungsbedarf hat, zuerst behandelt wird.

In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme vertritt die Gesellschaft die Auffassung, dass eine „prognostische Aussage zur Erfolgsaussicht der Behandlung in der Initialphase der Triagierung (...) nicht möglich ist“.

Erfolgsaussicht kaum vorhersagbar

Bei mangelnden Ressourcen bestehe das Dilemma darin, „dass nicht vor Behandlungsbeginn und insbesondere bei mangelnder Kenntnis der Vorerkrankungen eine zuverlässige Entscheidung für einzelne Patienten getroffen werden kann.“

Im Versuch, sowohl dem einzelnen Patienten gerecht zu werden, als auch möglichst viele Menschenleben zu retten, könne es geboten sein, „neu eingetroffene Patienten denen vorzuziehen, die bisher intensivmedizinisch versorgt wurden, die aber von einer weiteren Intensivbehandlung nicht mehr profitieren werden“.

Für die konkrete Entscheidungsfindung im Krankenhaus rät die DGKM, sich an den klinisch-ethischen Empfehlungen der sieben Fachgesellschaften zu orientieren, die am 25. März einen Leitfaden unter Federführung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vorgelegt haben. Diese böten „einen wichtigen Rahmen und eine Struktur“, um Ärzte in der Klinik bei der Entscheidungsfindung zu entlasten.

Allerdings gebe es für das Handeln in extremen Ausnahmesituationen „derzeit keine eindeutige rechtliche Klarheit“, heißt es in der Stellungnahme. Da auch in unlösbaren Dilemmasituationen Entscheidungen getroffen werden müssten, gelte der Grundsatz, „dass niemand zu Unmöglichem verpflichtet werden kann“.

Alle Intensivpatienten berücksichtigen

Erschwert werde die Entscheidungsfindung in der Ausnahmesituation dadurch, dass der Mangel an Behandlungskapazitäten sich nicht allein auf die Versorgung von COVID 19-Patienten beziehen wird. Eine gegebenenfalls nötige Zuteilung von Ressourcen müsse daher alle Patienten einbeziehen, die einer dringenden Behandlung bedürfen.

Per se dürften diese Kriterien keine Anwendung finden: Geschlecht, Nationalität, Wohnort, Religionszugehörigkeit, soziale Stellung, Versicherungsstatus oder Behinderung. Ebenso dürfe das Alter per se nicht ein Entscheidungs- oder Ausschlusskriterium sein.

Die DGKM betont, dass die bevorzugte Behandlung von Ärzten oder Pflegekräften in einer solchen Situation „ethisch umstritten und rechtlich nicht vertretbar“ ist. Denn derartige „Belohnungen“ oder „Anreize“ fänden im deutschen Rechtssystem keinen Halt – das gelte beispielsweise auch bei der Allokation von Organen. Auch hier würden Personen mit Spenderausweis nicht bevorzugt.

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Kommentare
Dr. Bernd An der Gassen 09.04.202013:00 Uhr

Wobei ein mögliche Priorisierung von Ärzten und Pflegekräften nur unter dem Aspekt zu diskutieren wäre, dass hierdurch systemrelevante Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie erhalten und ihrer Funktion nach Genesung wieder zugeführt werden könnten. Es darf dabei natürlich nicht um „Belohnungen“ oder „Anreize“ gehen.

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