Nationale Strategie
Union und SPD trippeln Richtung optimierter Diabetes-Versorgung
Diabetologen und weitere Fachärzte stufen die von Union und SPD mühsam auf den Weg gebrachte Diabetesstrategie als zu unverbindlich ein. Koalitionspolitiker halten dagegen: Der Beschluss sei ein „erster, wichtiger Schritt“. Weitere sollen folgen.
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Zuckerreduktion und mehr Anreize für eine gesunde Lebensweise sind zwei Bestandteile der Diabetesstrategie der Koalition.
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Berlin. Die Koalition rückt die Bekämpfung und Prävention des Diabetes mellitus stärker in den gesellschaftlichen Vordergrund. Mit den Stimmen von Union und SPD wurde die im Koalitionsvertrag angekündigte nationale Diabetesstrategie kürzlich im Bundestag verabschiedet.
Dem Beschluss war eine jahrelange Diskussion um Inhalte des Rahmenplans vorausgegangen. Vor allem die Frage einer verbindlichen Zuckerreduktion in Kinderlebensmitteln hatte für lähmenden Zwist zwischen Union und SPD gesorgt.
Motivation für Ärzte, Kassen und Kliniken
Der CDU-Gesundheitspolitiker Dietrich Monstadt sagte der „Ärzte Zeitung“, der Beschluss sei ein erster, wichtiger Schritt. Länder wie auch die Selbstverwaltung aus Ärzten, Kassen und Kliniken würden damit motiviert, „mehr für die Diabetesprävention und eine optimierte Versorgung von Diabetikern zu tun“. Oppositionsparteien und Ärzte nannten das Papier dagegen unverbindlich.
Die Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Professor Monika Kellerer, sagte im Podcast der „Ärzte Zeitung“, als Aufschlag gehe die Strategie in Ordnung. Inhalte seien aber auch umzusetzen. Die Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Professorin Martina de Zwaan, lobte, dass im Rahmenplan die Etablierung einer leitliniengerechten Regelversorgung der Adipositas vorgesehen sei. Problematisch sei, dass die Verhältnisprävention zu kurz komme, obwohl diese im Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten am effektivsten sei.
Täglich erkranken in Deutschland rund 1000 Menschen neu an Diabetes Typ 2. Das Robert Koch-Institut rechnet mit 12,4 Millionen Betroffenen bis 2040. Gut die Hälfte der Erwachsenen ist übergewichtig bis adipös.
Forderungen und Prüfaufträge
Im Kern besteht die Diabetesstrategie aus Forderungen und Prüfaufträgen an die Bundesregierung. SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas sagte der „Ärzte Zeitung“, das Parlament werde „genau hinschauen“, ob die Exekutive die Forderungen aufgreife oder nicht.
- Unter anderem soll die Regierung die Prävention von Diabetes mellitus Typ 2 nicht bloß auf die Gesundheitsversorgung reduzieren, sondern das Thema ressortübergreifend angehen.
- Wichtiges Ziel ist die mit der Lebensmittelbranche vereinbarte freiwillige 15-prozentige Zuckerreduktion in Kinderlebensmitteln bis zum Jahr 2025. Die Regierung soll sich für eine 50-prozentige Verringerung von Zucker in Limonaden einsetzen.
- Versorgungsforschung und Prävention zu Diabetes und Adipositas sollen ausgebaut werden.
- Die Bundesärztekammer soll zudem sicherstellen, dass Adipositas, Ernährungs- und Bewegungskunde in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung mehr Berücksichtigung finden.
- Auch soll die Regierung auf eine individuelle, multimodale und interdisziplinäre Versorgung adipöser Menschen (Grad 1 bis 3) zulasten der Kassen hinwirken. Es soll zudem geprüft werden, ob der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine Richtlinie zur Versorgung adipöser Menschen beschließen sollte. Seite 8