Mangel an Pflegekräften

Verbände wehren sich gegen Alltagsbegleiter

Zu Beginn des nächsten Jahres tritt die nächste Pflegereform in Kraft. Kassen sollen dann die Ausbildung von Alltagsbegleitern übernehmen. Pflegeanbieter und Wohlfahrtsverbände sehen das skeptisch.

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Neue Modelle in der Pflege: Eine Seniorenbegleiterin hilft einem Ehepaar in dessen Wohnung.

Neue Modelle in der Pflege: Eine Seniorenbegleiterin hilft einem Ehepaar in dessen Wohnung.

© Tschauner /dpa

KÖLN. Die erste Stufe der Pflegereform, die am 1. Januar 2015 in Kraft treten soll, bietet die Chance, die Strukturen der Versorgung breiter anzulegen und die professionelle Pflege durch niedrigschwellige ambulante Unterstützungsangebote zu ergänzen.

Ohne einen neuen Ansatz werden sich die künftigen Herausforderungen in der Pflege nicht bewältigen lassen, sagte Ulrich Dietz, Leiter des Referates Grundsatzfragen der Pflegeversicherung im Bundesgesundheitsministerium, beim PKV-Forum der Continentale Krankenversicherung in Köln.

Das Gesetz sehe eine Neuregelung vor, berichtete Dietz. "Vom Anspruch auf ambulante Sachleistungen kann künftig die Hälfte für niedrigschwellige Angebote genommen werden."

Vorgesehen sei, dass Interessierte sich bei den Krankenkassen schulen lassen und als Alltagsbegleiter tätig werden können. Das sollen die Kassen bezahlen. Gegen die Pläne gebe es allerdings heftigen Widerstand der Wohlfahrtsverbände und der professionellen Pflegeanbieter.

Für Dietz ist klar, dass die Herausforderungen im Pflegebereich angesichts der demografischen Entwicklung und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels nicht allein mit Pflegefachkräften zu stemmen sein werden.

Steuerung verbessern

"Wir müssen das Thema Personaleinsatz in der Pflege neu denken." Dazu gehöre die weitere Qualifizierung der Fachkräfte und eine stärkere Kooperation der beteiligten Gesundheitsberufe.

 "Die Steuerung der Versorgung muss verbessert werden", betonte er.

Die mit der Pflegebedürftigkeit verbundenen finanziellen Belastungen werden auch in Zukunft nicht über die Pflegepflichtversicherung gedeckt sein, stellte Dietz klar. "Es wird ein Teilleistungssystem bleiben." Private Pflegezusatzpolicen könnten helfen, die finanziellen Belastungen abzufedern.

Auch der Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem sieht in den privaten Versicherungen eine notwendige Ergänzung des Systems. "Sie sind ein wichtiger Baustein", sagte er.

Der Verkauf der Policen sei zwar schwierig, aber eine "gesellschaftlich im hohen Maße notwendige Aufgabe".

Wasem unterstützte die Forderung von Dietz nach einem Ausbau ambulanter Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige und ihre Familien sowie der Förderung neuer Lebensformen.

Alle Anstrengungen änderten aber nichts an einer Tatsache: "Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, wir haben keine andere Chance." Ein höherer Finanzbedarf für die Pflege erwachse schon allein aus der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.

Steigerung des Beitragssatzes zu knapp?

Die Anhebung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte sei zu knapp bemessen, "um zu verhindern, dass Leute schlechter gestellt werden". Ein entscheidender Punkt ist für Wasem, dass die Pflegekräfte besser bezahlt werden.

Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sei aber mehr notwendig, betonte Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des zur PKV gehörenden Zentrums für Qualität in der Pflege.

Notwendig seien darüber hinaus ein besseres Pflegemanagement und mehr Weiterbildungs-Möglichkeiten für die Pflegekräfte. Helfen könnte auch die Entlastung von schweren körperlichen Tätigkeiten. "Mit mehr Technik würde die Pflege attraktiver werden", sagte Suhr.

Grundsätzlich müsse den Menschen mit Blick auf eine mögliche Pflegebedürftigkeit deutlich gemacht werden, dass sie selbst etwas tun müssen, findet er.

Das beschränke sich nicht auf die finanzielle Vorsorge. Die Prävention müsse in diesem Bereich einen viel größeren Stellenwert erhalten, als es bislang der Fall ist, sagte Suhr. (iss)

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