Landarzt-Beruf

Verwurzelung in der Region ist das Zauberwort

In Sachsen-Anhalt wirbt Gesundheitsminister Bischoff für den Beruf des Hausarztes. Bei Dr. Daniel Graf muss er nicht mehr werben - er ist seit April niedergelassen, mitten auf dem Land.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Frisch niedergelassen: Dr. Daniel Graf mit seinen Arzthelferinnen Mandy Priewe (li.) und Martina Siegel.

Frisch niedergelassen: Dr. Daniel Graf mit seinen Arzthelferinnen Mandy Priewe (li.) und Martina Siegel.

© Petra Zieler

KALBE. Auf "Klingeltour" ist derzeit Sachsen-Anhalts Gesundheitsminister Norbert Bischoff (SPD). Er will für den Beruf des Hausarztes werben.

In Löbejühn, nahe Halle, war er bereits, auch im altmärkischen Klietz, die dritte Station auf seiner Tour führt Gesundheitsminister Norbert Bischoff nach Kalbe/Milde. Hier praktiziert seit 1. April Dr. Daniel Graf, der Anfang des Jahres seine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner abgeschlossen hat.

Auch ohne Förderungen, die Land, Kassen und KV Sachsen-Anhalt (KVSA) für angehende Hausärzte bereitstellen, stand für ihn schon früh fest, Landarzt in dem kleinen Altmarkstädtchen zu werden.

Dort ist er aufgewachsen, dort lebt die Familie, dort hat er ein Haus gekauft, in das demnächst Frau und Töchterchen einziehen werden. "Ich hoffe, dann klappt's hier mit einem Kita-Platz." Mehr Unterstützung will und braucht der 31-Jährige nicht von der Stadt.

Sitz ist die einstige Filialpraxis

Daniel Graf praktiziert übrigens in der einstigen Filialpraxis der Stadt. Einrichtungen dieser Art hatte die KVSA in mehreren kleinen Orten des Bundeslandes eingerichtet und betrieben, um die medizinische Versorgung aufrecht erhalten zu können. Die hier tätigen Ärzte sind entweder KV-Angestellte oder teilen sich mit anderen niedergelassenen Kollegen aus der Region die Sprechstunden.

Für die Praxis in Kalbe konnten stundenweise zwei Hausärzte im Ruhestand gefunden werden. "Filiale war gestern. Ich möchte lieber selbstständig arbeiten", sagt Daniel Graf, der die Praxis gekauft und die beiden bis dato bei der KV angestellten Arzthelferinnen übernommen hat. "Beide sind VERAHs, hochqualifiziert und nehmen mir sehr viel ab."

Da bereits nach zwei Monaten rund 1000 Patienten in der Graf'schen Praxis eingeschrieben sind, will der Hausarzt ab Juli eine dritte Arzthelferin einstellen. Mehr noch, er ist schon heute auf der Suche nach ärztlicher Verstärkung.

So könnten Sprechstunden patientenfreundlicher gestaltet und Geräte wie EKG oder Ultraschall effizienter genutzt werden.

"Sonografien mache ich, um Patienten lange Wege zu ersparen, und aus Spaß an der Freude." Mit 15 Euro pro Ultraschall sei nichts zu verdienen, denn selbst ein gebrauchtes Gerät koste mehr als 10.000 Euro.

Verwurzelung in der Region

"Im Verbund ist vieles leichter", sagt Daniel Graf, der optimistisch ist einen Mitstreiter zu finden. "Nicht heute oder morgen, aber in den nächsten Jahren bestimmt. Kalbe ist ein idyllisches Städtchen." Dennoch zeigt er sich überzeugt, dass der oder die Neue mit der Region verwurzelt sein muss.

Das ist ein Stichwort für Minister Bischoff, dem die Vergabe von Studienplätzen nach dem Numerus clausus schon langeein Dorn im Auge sind. "Wir sind in Sachsen-Anhalt mit der gezielten, aber begrenzten Auswahl von Landeskindern schon einen Schritt weiter gekommen, doch das genügt noch nicht."

Auch die Bitten des jungen Hausarztes, Einfluss auf den Abbau der Bürokratie zu nehmen, die viele Studenten davon abhalte, eine eigene Praxis zu eröffnen, kann Bischoff nur entgegennehmen. "Ja, der Arzt muss frei sein für seine eigentliche Arbeit. Ich werde das immer wieder ansprechen."

Doch grundsätzlich bräuchten die Länder mehr Gestaltungskompetenz. "Bislang sind wir doch eher Zaungäste. Der Bund regelt, die Selbstverwaltungen arbeiten nach eigenem Gustus und die Bevölkerung erwartet von den Landesregierungen Lösungen."

Obwohl in Sachsen-Anhalt in den kommenden Jahren mehr als 800 neue Hausärzte gebraucht werden und derzeit jährlich nur 20 bis 30 hinzukommen, sieht Bischoff nicht schwarz für die Zukunft der medizinischen Versorgung auf dem Land.

"Die Weiterbildung ist im hausärztlichen Bereich kein finanzielles Risiko mehr, Förderungen werden angenommen und zeigen Wirkung, immer mehr Kommunen unterstützen niederlassungswillige Ärzte und das Ansehen des Landarztes ist nach wie vor hoch."

Für Daniel Graf war die Vielfalt in der Hausarztpraxis entscheidend für seine Facharztwahl: "Ich sehe vom Baby bis zum Greis alle Generationen, behandele den Schnupfen und begleite onkologische Patienten. Sie alle vertrauen dem Hausarzt."

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