Qualitätssicherung
Wer kennt den Königsweg?
Wir geht‘s weiter mit der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen? Experten sind sich einig: Indikatoren, die heute noch sinnvoll erscheinen, sind absolut ungeeignet, um künftigen Herausforderungen gerecht zu werden.
Veröffentlicht:KÖLN. In der Qualitätssicherung muss künftig die Versorgung chronisch kranker und multimorbider Patienten ein viel stärkeres Gewicht bekommen.
Die aktuelle Konzentration auf die operative Akutmedizin sei nicht mehr zeitgemäß, betonte der Qualitätsexperte Professor Matthias Schrappe auf dem "Gesundheitskongress des Westens 2015" in Köln.
"Wir werden in Zukunft ganz andere Herausforderungen haben als durch die gängige Qualitätssicherung abgedeckt werden", sagte Schrappe, der Lehrbeauftragter für Patientensicherheit und Risikomanagement an der Universität Köln ist.
Die aktuellen Qualitätsindikatoren zielten auf keine chronische Krankheit ab, kritisierte er. Bei älteren Menschen und chronisch Kranken spielten Faktoren wie die Koordination der Versorgung und die Begleitung der Patienten eine große Rolle.
Auch hierfür habe die Qualitätssicherung bisher keine Antworten. "Wir brauchen Indikatoren, die sich mehr mit der Integration des sektorierten Gesundheitssystems auseinandersetzen", so Schrappe.
BQS-Verfahren hat Defizite
Das von der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) etablierte Verfahren werde der relevanten Patientengruppe der alten und chronisch kranken Patienten nicht gerecht, bestätigte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung.
Allerdings gebe es für vier große chronische Erkrankungen Disease Management Programme. Sie enthielten Qualitätsindikatoren. "Mit ihnen kann man messen, ob bestimmte Qualitätsziele erreicht werden."
Die Perspektive der Patienten muss nach Ansicht von Klakow-Franck eine größere Bedeutung in der Qualitätssicherung erhalten. "Wir müssen uns in Zukunft stärker auf die Frage konzentrieren: Generieren wir damit Patientennutzen?"
Uwe Deh, Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbands, hält es für notwendig, dass sich die Qualitätssicherung viel stärker als bisher auf die Fehlersuche ausrichtet. "Wir müssen uns nicht tot dokumentieren, sondern wir brauchen ein angemessenes Monitoring, um Defizite zu finden."
800.000 jährlich für Zertifizierung
Aus Sicht der Patienten sei die Ergebnisqualität das Entscheidende, stellte Deh klar. Und bei den Elementen der Struktur- und Prozessqualität sei es langsam an der Zeit, durch Normen Fakten zu schaffen, beispielsweise im Bereich der Mindestmengen.
Jeder fordere zwar Qualität, am Ende wolle sie aber niemand bezahlen, kritisierte Andreas Schlüter, Geschäftsführer der Klinikum Westfalen GmbH. So gebe seine Klinik jährlich 800.000 Euro für die Zertifizierung als Cancer Center aus.
Einen Qualitätszuschlag gebe es dafür allerdings nicht. "Wir können nachweisen, dass das Krebszentrum einen echten Mehrwert hat, aber es bezahlt keiner", sagte Schlüter.
Qualitätssicherung dürfe kein Selbstzweck sein, sondern müsse den Patienten zugutekommen, stellte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Dr. Theodor Windhorst klar.
"Es muss um die Verbesserung der Versorgung gehen und nicht um die Sanktionierung der Leute, die dort tätig sind."
Ärzte stärker einbinden!
Seiner Meinung nach sollte der strukturierte Dialog eine zentrale Rolle spielen, bei dem Ärzte ihren Kollegen zeigen, wo Qualitätsmängel liegen, und ihnen dann auch helfen, diese Mängel zu beheben.
"Ich würde mir wünschen, dass die Ärzte und die Ärztekammern stärker in die Qualitätssicherung eingebunden werden", sagte Windhorst.