Bundesrat
„Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche bleibt strafbar
Der Bundesrat hat den Vorschlag, den umstrittenen Paragrafen 219a abzuschaffen, abgelehnt. Daran entzündet sich harsche Kritik.
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Frauen demonstrieren am Freitag vor dem Bundesrat gegen den Paragrafen 219a Strafgesetzbuch. Die Länderkammer lehnte eine Abschaffung dieser Strafnorm ab.
© Wolfgang Kumm / dpa
Berlin. Der Bundesrat hält am Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche fest. Die Länderkammer hat sich bei ihrer Sitzung am Freitag dafür entscheiden, nicht den Bundestag zur Abschaffung dieser Regelung im Paragrafen 219a Strafgesetz aufzufordern.
Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen und Bremen hatten einen seit Ende 2017 in den Ausschüssen des Bundesrats schmorenden Antrag erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Sie verfehlten aber klar die erforderliche Mehrheit von mindestens 35 Stimmen.
Vor der Abstimmung hatte Berlins Justizsenator Dirk Behrendt für den Antrag der fünf Länder geworben: „Ein Gesetz, das einen ganzen Berufsstand kriminalisiert, kann nicht reformiert werden, es muss abgeschafft werden“, sagte Behrendt im Bundesrat. „Radikale“, so der Senator, dürften „verrückte Thesen“ über Schwangerschaftsabbrüche verbreiten, Ärzten hingegen werde untersagt, sachlich zu informieren. „Das ist absurd“, so der Grünen-Politiker.
„Union ist aus der Zeit gefallen“
Von Grünen und Linken wurde die Entscheidung des Bundesrats mit Bedauern registriert. Die Ablehnung des Antrags zeige, „wie sehr die Union bei dem wichtigen Thema Selbstbestimmung von Frauen aus der Zeit gefallen ist“, kommentierte Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik der grünen Bundestagsfraktion. Sie forderte, Ärzte müssten auf ihren Webseiten frei „über Schwangerschaftsabbrüche informieren können, wie über alle anderen medizinischen Leistungen auch“.
Solange es den Paragrafen 219a gibt, werde er dafür genutzt, um Ärzte und Beratungsstellen einzuschüchtern, sagte Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion der Linken. „Auch wenn es angesichts der Ländermehrheiten wenig überrascht, so ist dies doch ein erneuter Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die sich abrackern, um sichere Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen“, so Möhring.
Kostenübernahme für Begleitung im Krankenhaus geregelt
Unterdessen hat der Bundesrat am Freitag einen Strich unter ein von den Ländern lange verfolgtes Projekt gezogen. Verpackt in das Tierarzneimittelgesetz ist die Kostenübernahme geregelt worden, wenn Menschen mit Behinderungen bei einem Krankenhausaufenthalt die Begleitung durch eine vertraute Person benötigen. Die Kosten werden nach intensiven Debatten künftig zwischen GKV und Eingliederungshilfe aufgeteilt. Der Bundestag hatte dem Kompromiss bereits Ende Juni zugestimmt.
Das Gesetz sei allerdings nur ein erster Schritt, um beispielsweise zu verhindern, dass Betroffene operative Eingriffe wegen fehlender Begleitung verschieben müssen, heißt es in der Stellungnahme der Bundesrats-Ausschüsse. Bisher war die Begleitung bei einem Krankenhausaufenthalt nur bei Menschen mit Behinderung geregelt, die selbst eine Assistenzkraft beschäftigen.
Strittig in der Diskussion mit der Bundesregierung blieb die Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises. Der Bundesrat fordert den Bundestag daher in einer Entschließung auf zu prüfen, ob der Anspruch auf Kostenübernahme für eine Begleitperson auf alle Personen mit Behinderungen im Sinne des Paragrafen 2 Absatz 1 SGB IX ausgeweitet werden kann. (fst)