Westfalen-Lippe in Poleposition

Kaum war die Absicht des BMG bekannt, das ABDA- KBV-Konzept in einer Modellregion zu testen, hieß es schon: Das macht Westfalen-Lippe.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Zwar stehen in Westfalen-Lippe die Vertreter von Ärzten und Apothekern dem Konzept grundsätzlich positiv gegenüber, entschieden ist aber noch nichts. "In Westfalen-Lippe herrscht ein vertrauensvolles Gesprächsklima", sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Dr. Wolfgang-Axel Dryden zu ApothekerPlus.

Die KV habe bereits vor längerer Zeit mit der Apothekerkammer und dem Apothekerverband über eine Umsetzung des Modells gesprochen, nach dem der Arzt einen Wirkstoff verordnet und der Apotheker das konkrete Fertigarzneimittel aussucht.

Die Kritik vieler Ärzte an einer Wirkstoffverordnung kann Dryden nicht nachvollziehen. "Das nimmt mir nicht die Therapiefreiheit", betont er. Patienten erhielten in dem Modell vom Arzt ein Verordnungsblatt mit der generischen Bezeichnung und - später - dem abgegebenen Fertigarzneimittel.

"Es muss sichergestellt sein, dass der Patient bei Wiederholungsverordnungen immer dasselbe Medikament erhält", sagt der Allgemeinmediziner. "Ob wir das Konzept aber tatsächlich in Westfalen-Lippe realisieren können, hängt noch von vielen Faktoren ab."

So müsse geklärt werden, ob der Modellversuch für Ärzte und Apotheker freiwillig ist, oder ob eine kollektive Lösung gewählt wird. Wird es für alle Mediziner verpflichtend, müssten die ärztlichen Selbstverwaltungsgremien das Konzept billigen.

Die Bedenken aus Reihen der Hausärzte müsse man ernst nehmen, sagt er. Solche und weitere Aspekte würden jetzt innerhalb der Ärzteschaft und in der Diskussion mit den Apothekern geklärt, sagt er. "Wir haben Zeit und wollen die Dinge vernünftig vorbereiten."

Eine Option wäre, das Konzept zunächst in einem Teil der Region zu testen, sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. "Das wäre überschaubarer."Sie hält aber einen Modellversuch in ganz Westfalen-Lippe für machbar und sinnvoll - und würde sich eigentlich noch mehr wünschen.

"Wie die Apothekerschaft im ganzen Land sind wir der Meinung, dass es besser wäre, das Konzept nicht nur in einer einzigen Region umzusetzen."

Eine für Ärzte und Apotheker freiwillige Teilnahme hält Overwiening dabei nicht für sinnvoll. Jeder Patient, der fünf Mittel als Dauermedikation nimmt, müsse einen Anspruch auf das neue Medikationssystem bekommen.

"Macht man den Modellversuch freiwillig, würde er der Trägheit der Krankenkassen zum Opfer fallen", fürchtet sie. Außerdem käme es dann wieder zu Rücksprachen zwischen Arzt und Apotheker und einer möglichen Verunsicherung der Patienten - Ärgernisse, die man mit dem Konzept ja gerade vermeiden wolle.

Den Einwand der Krankenkassen, das Modell gefährde die Rabattverträge, weist die Apothekerin zurück. "Wir werden die Rabattverträge weiter bedienen." Wenn die Patienten mit der Wirkstoffverordnung in die Offizin kämen, würde dort zunächst geprüft, ob die Kasse dazu einen Rabattvertrag abgeschlossen hat.

Der gemeinsam zu entwickelnde Medikationskatalog sei keine Positivliste durch die Hintertür, sagt sie. "Die Leitsubstanzen sind Orientierungshilfen." Die Arbeit mit Leitsubstanzen sei zudem für Ärzte in Westfalen-Lippe kein Neuland.

Lesen Sie dazu auch: ABDA und KBV: Ungebrochener Kooperationswille

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 30.09.201115:31 Uhr

Kein Modell für KVWL!

Auch wenn für die KVWL und Herrn Kollegen Wolfgang-Axel Dryden das
"vertrauensvolle Gesprächsklima" zwischen Ärzten und Apothekern Vorrang hat, ich bleibe bei meiner praxiserfahren begründeten Ablehnung: Mit den gängigen Pharmaka Ramipril/HCT, Metoprolol, Simvastatin, Amlodipin und ASS 100, 6 Wirkstoffe in 5 Packungen vom Arzt ''blanco'' verordnet, teilt der Apotheker je nach Marktlage bis zu z w a n z i g (20) verschiedene Verpackungen, Logos, Tablettenformen und –farben, Herstellernamen oder Reimporte in einem e i n z i g e n Jahr aus. KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller, sicher Jahre ohne Rezepterfahrung, dachte allen Ernstes laut nach: "Bei dem Modell soll vor allem die mangelnde Compliance von Patienten, die mehr als fünf Wirkstoffe einnehmen müssen, verbessert werden".

Liebe KVWL, Hausärztinnen und Hausärzte haben schon genug Arbeit, bestehende Erkrankungen der GKV-Patienten zu therapieren und Facharzttermine loszueisen. Wir brauchen keine zusätzlichen modellprojektbedingten Krankheiten.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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